Süddeutsche Zeitung

Mord an Fünfjährigem:Lebenslange Haft für Ziehvater gefordert

Er prügelte den Sohn seiner Freundin zu Tode und unterbrach seine Schläge nur, um Drogen zu nehmen. Der 27-Jährige hat die Tat gestanden, die Staatsanwaltschaft fordert nun lebenslänglich.

Ein "Opfer hemmungsloser Erniedrigung" war der kleine Julian nach Meinung von Staatsanwalt Wolfgang Scholz. Das klingt abstrakt - aber mit Worten lässt sich die Brutalität der Tat kaum beschreiben. Mindestens drei Stunden lang hat der 27 Jahre alte Angeklagte nach Ermittlungsergebnissen mit der Hand und mit einem Gürtel auf den nackten Körper des Jungen eingeprügelt. Mindestens zehn Mal kam der Lebensgefährte von Julians Mutter in das Kinderzimmer zurück, um seine Prügeltiraden fortzusetzen - er unterbrach sie nur, um Speed zu nehmen. Schließlich starb Julian.

Dabei wurde der Mann nach Angaben des Staatsanwaltes von dem Jungen nicht etwa provoziert, sondern handelte aus Lust an der "Erniedrigung und körperlichen Misshandlung". Der Staatsanwalt forderte am Dienstag im Hildesheimer Landgericht eine lebenslange Haftstrafe. Dabei soll das Gericht nach seinem Willen die besondere Schwere der Schuld feststellen.

Folgt das Gericht diesem Antrag, könnte der Angeklagte nicht darauf hoffen, dass die Strafe nach frühestens 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt wird. "Er hat den kleinen Julian zum Objekt seiner Wut und Aggression gemacht", sagte Scholz über den Angeklagten: "Er hat sich aus reiner Willkür zum Herr über Leben und Tod gemacht." Ein Gerichtsmediziner hatte nicht mehr feststellen können, wie viele Verletzungen genau Julian erlitten hat, weil die Wunden wegen der Vielzahl der Schläge ineinander übergingen.

Einmal weckte der Täter das Kind sogar aus einem Zustand der Benommenheit, um ihn weiter zu schlagen. "Er hat offensichtlich ganz bewusst Wert darauf gelegt, dass Julian die Folgen seiner Schläge spürt", sagte Scholz.

Das Kind starb an mehreren inneren Blutungen und weil sein Hirndruck gefährlich stieg. Der Angeklagte verfolgte die Plädoyers am Dienstag wie an den übrigen Tagen mit tief gesenktem Kopf. "Er schämt sich ganz fürchterlich", sagte Verteidigerin Kristina Merkel-Blumenthal. Sie plädierte auf Körperverletzung mit Todesfolge und forderte eine siebenjährige Haftstrafe für ihren Mandanten. Sie berief sich auf ein psychiatrisches Gutachten, das Drogenabhängigkeit und eine narzisstische Persönlichkeitsstörung des Angeklagten diagnostiziert und daher eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit während der Tat nicht ausgeschlossen hatte.

Laut Gutachter liegt eine solche Einschränkung allerdings "am Rande der theoretisch denkbaren Möglichkeit". Der Angeklagte hatte bereits kurz nach der Tat ein Geständnis abgelegt. Während des Gerichtsverfahrens sagte er aber nicht zur Sache aus.

Nur einmal hatte der 27-Jährige sich in dürren Worten bei dem leiblichen Vater Julians entschuldigt. "Dem Angeklagten ist es sehr schwer gefallen, die richtigen Worte zu finden", sagte Merkel-Blumenthal. Der Angeklagte blieb am Dienstag bei seinem Schweigen. Das Gericht wird in einer Woche das Urteil sprechen.

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