Süddeutsche Zeitung

Gewaltexzesse in Berlin:Prügelattacke am Bahnsteig

Erst vor kurzem ist das Opfer eines brutalen Überfalls beerdigt worden, schon gibt es neue Meldungen aus Berlin. Unbekannte Täter attackierten einen jungen Mann mit Fußtritten gegen den Kopf, eine 18-Jährige wurde in der U-Bahn ausgeraubt und geschlagen. Reißen die Angriffe nicht mehr ab?

Bei einer brutalen Prügelattacke auf einem Berliner Bahnhof ist erneut ein Mensch schwer verletzt worden. Mit Tritten gegen den Kopf wurde Ein 22-Jähriger wurde von zwei Unbekannten angegriffen und gegen den Kopf getreten. Wie die Bundespolizei mitteilte, ereignete sich der Vorfall am Samstagmorgen auf dem Bahnsteig des S-Bahnhofs Schöneweide im Bezirk Treptow-Köpenick. Das Opfer erlitt mehrere Knochenbrüche im Gesicht und kam in eine Klinik, die Täter konnten unerkannt flüchten.

Der 22-Jährige lag nach Angaben der Polizei bereits am Boden, als die Angreifer lostraten. Ein Zeuge berichtete, dass der Schlägerei ein heftiger Streit vorausgegangen sei. Der junge Mann schwebt laut Polizei nicht in Lebensgefahr, er konnte aber noch nicht vernommen werden.

In Schöneberg wurde eine junge Frau in einer U-Bahn während der Fahrt brutal ausgeraubt und verletzt. Die Frau hatte mit geschlossenen Augen Musik über die Kopfhörer ihres Handys gehört, das auf ihrem Schoß lag. Plötzlich setzte sich ein Mann neben die 18-Jährige und hielt ihr mit Gewalt den Mund zu, so dass sie nicht um Hilfe rufen konnte. Ein Komplize packte ihre Beine und hielt sie fest. Dann schnappten sich die Männer das Telefon der wehrlosen Frau, schlugen ihr ins Gesicht und flüchteten. Die junge Frau wurde durch den Schlag im Gesicht verletzt und erlitt einen Schock.

Wiederholt hatten in den letzten Monaten schwere Überfälle in Berliner U- und S-Bahnhöfen bundesweit für Entsetzen gesorgt. Erst am Freitag war unter großer Anteilnahme das 23 Jahre alte Opfer einer tödlichen Hetzjagd beigesetzt worden. Guiseppe M. war am 17. September im U-Bahnhof Kaiserdamm von jungen Männern angegriffen worden. Auf der Flucht rannte er in ein Auto und kam dabei ums Leben.

Das Thema innere Sicherheit hatte auch den Wahlkampf zum künftigen Berliner Abgeordnetenhaus geprägt - SPD und CDU wollen kommende Woche ihre Koalitionsverhandlungen beginnen. Nach Ansicht von Experten lassen sich Gewaltexzesse allein mit mehr Polizeipräsenz und Überwachungskameras aber nicht bekämpfen. Kameras würden "im Moment der Tat nicht registriert", hatte der Psychiater und Gerichtsgutachter Karl Kreutzberg vor einiger Zeit in einem Interview mit der Berliner Zeitung gesagt.

Orte exzessiver Gewalt würden Bahnhöfe deshalb so oft, weil dort die soziale Kontrolle am geringsten sei, ergänzte Kreutzberg. Schon vor Jahren hätten die Berliner Verkehrsbetriebe ihr Personal dort flächendeckend abgezogen. "Damit war auch ein Stück Sicherheit weg, und der so entstandene herrenlose Raum wurde von den Jugendlichen genutzt."

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