Getöteter Asylbewerber Khaled B.:Kritik an Dresdner Polizei wächst

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  • Die Kritik an der Dresdner Polizei im Fall des getöteten Asylbewerbers Khaled B. wächst.
  • Die Polizei hatte ein Fremdverschulden zunächst ausgeschlossen, obwohl die Leiche des jungen Mannes aus Eritrea mehrere Messerstiche aufwies.
  • Ein Nebenkläger-Anwalt des NSU-Prozesses sieht Parallelen zu den nachlässigen Polizeiermittlungen bei den Morden des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU).
  • Die Dresdner Polizeidirektion spricht im Zusammenhang mit den Pegida-Demonstrationen von einem wachsenden Sicherheitsrisiko.

"Eine unglaubliche Schlamperei"

Wegen der Ermittlungspannen im Fall des in Dresden getöteten Asylbewerbers Khaled B. wächst die Kritik an der Polizei: "Das ist eine unglaubliche Schlamperei; sie muss personelle Konsequenzen haben", zitiert die Berliner Zeitung den Rechtsanwalt und Nebenklage-Vertreter im Münchner NSU-Prozess, Mehmet Daimagüler.

Die Polizei hatte ein Fremdverschulden zunächst ausgeschlossen, obwohl die Leiche des jungen Mannes aus Eritrea mehrere Messerstiche aufwies und Zeugenaussagen zufolge in einer Blutlache lag. "Ich stelle mir die Frage, ob es die gleiche Schlamperei gegeben hätte, wenn das Opfer ein Normalbürger gewesen wäre", sagte Daimagüler, oder ob man bei einem dunkelhäutigen Asylbewerber eher von einem Unfall ausgehe. Auch bei den Ermittlungen zu den Morden des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) habe vielfach die Leitlinie gegolten, "dass ein migrantisches Opfer im Zweifel erst mal kein Opfer sein darf".

Gerade in einer Stadt wie Dresden, in der jede Woche "20 000 bis 25 000 Xenophobe" auf die Straße gehen, müsse man besonders wachsam sein. Durch die Versäumnisse der Polizei sei die Aufklärung erheblich erschwert worden, kritisierte der Rechtsanwalt.

Hintergrund: Gewaltsamer Tod des Asylbewerbers Khaled B.

Die Leiche Khaled B.s war am Dienstagmorgen vor einem Wohnhaus in einer Plattenbausiedlung im Stadtteil Leubnitz-Neuostra gefunden worden. Die Polizei hatte nach eigenen Angaben zunächst keine Hinweise auf Fremdeinwirkung festgestellt - und deshalb zunächst auf die Spurensicherung verzichtet. Erst nach der Obduktion wurde publik, dass der Mann durch Messerstiche in Hals und Brust getötet wurde.

"Das genaue Motiv ist uns, genau wie der Tathergang, weiterhin unklar. Wir können nicht mit Sicherheit von Rassismus sprechen, sondern ermitteln in alle Richtungen", sagte Oberstaatsanwalt Lorenz Haase zu SZ.de. Mittlerweile ist das Operative Abwehrzentrum (OAZ) in die Ermittlungen einbezogen. Dabei handelt es sich um eine Sondereinheit der sächsischen Polizei, die hinzugezogen wird, wenn von einem extremistischem Hintergrund einer Straftat ausgegangen werden muss.

Toter Flüchtling in Dresden
:"Wir sehen den Hass in den Augen der Menschen"

Ausgerechnet Dresden. In einer Plattenbausiedlung stirbt hier der Flüchtling Khaled B. durch Messerstiche - wenige Kilometer entfernt demonstriert Pegida allmontaglich gegen Überfremdung. Die Stadt muss sich Fragen gefallen lassen.

Von Ulrike Nimz

Strafanzeige wegen möglicher Strafvereitelung im Amt

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck hat wegen der Ermittlungspannen Strafanzeige gegen unbekannt gestellt - wegen möglicher Strafvereitelung im Amt. Er kritisierte, dass die Spurensicherung erst 30 Stunden nach der Tat eintraf. Die Grünen in Sachsen befürchten, dass dadurch wichtige Hinweise verloren gegangen sind.

Dresdens Polizei stößt an personelle Grenzen

Auch der Innenausschuss des Sächsischen Landtages hat sich mit dem Tod des Asylbewerbers befasst. Dresdens Polizeichef Dieter Kroll schilderte den Ausschussmitgliedern, wie sich die Pegida-Demonstrationen auf die Sicherheit in der Stadt auswirken. Die Polizeidirektion fasste im Anschluss zusammen: "Richtig ist, dass die Versammlungslagen in Dresden zunehmend mit Sicherheitsrisiken behaftet sind. Dies resultiert in erster Linie aus der insgesamt großen Anzahl der Teilnehmer. Aggressivität und Gewaltpotenzial haben sich sowohl bei Pegida-Teilnehmern als auch in Teilen des Gegenprotestes entwickelt." Die Polizei stoße auch an personelle Grenzen.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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