Gesundheit:Nur für Männer

Näher ran an das wirkliche Leben: Die neue Kampagne der Aidshilfe richtet sich explizit an Schwule - und will "Prävention wieder in aller Munde bringen".

Martin Langeder

Die Mitarbeiter der Deutschen Aidshilfe wären auf einen Schlag arbeitslos, wenn alle so verantwortungsbewusst handeln würden wie der 21-jährige Fabian aus Dortmund. Er sagt: "Ich habe immer einen Gummi dabei, meinen Schwanz vergesse ich ja auch nicht."

Gesundheit: Neue Aids-Kampagne: Klare Botschaften

Neue Aids-Kampagne: Klare Botschaften

(Foto: Foto: IWWIT)

Der Azubi ist einer von fünf schwulen Männern im Alter zwischen 20 und 42 Jahren, die im Mittelpunkt der am Montag vorgestellten Kampagne "Ich weiß was ich tu" stehen. Dabei erzählt nicht nur Fabian ausführlich von Liebe, Lust und Risiko, sondern auch Achim, der seit gut zehn Jahren HIV-positiv ist. Ebenso Harry, der freimütig bekennt: "Ich liebe meinen Mann - und ich machs auch mit anderen."

Mit Rollenmodellen arbeiten und damit die Lebenswirklichkeit der Zielgruppe aufgreifen, so nennen Werber diesen Ansatz. Und die Lebenswirklichkeit von schwulen Männern birgt ein Risiko: Die Neuinfektionsraten in allen westlichen Industrienationen steigen seit 2001 wieder an. In Deutschland gab es im Vorjahr bundesweit 1543 gemeldete HIV-Neudiagnosen bei "MSM", wie Männer heißen, die Sex mit Männern haben.

Erstmals startet die Deutsche Aidshilfe nun eine speziell auf diese Gruppe zugeschnittene Aufklärungskampagne und will damit "Prävention wieder in aller Munde bringen", wie Kampagnenchef Matthias Kuske das nennt.

Seitdem im Dezember 1985 eine Postwurfsendung mit den ersten Basisinfos über Aids an alle Haushalte verschickt wurde, zerbrechen sich die Kreativen in Werbeagenturen den Kopf darüber, wie sich die Botschaft "Kondome schützen" am besten transportieren lässt.

Entweder auf die lustige Art wie im Werbespot mit Ingolf Lück und Hella von Sinnen Ende der Achtziger. Da will ein junger Mann verschämt eine Packung Kondome bezahlen, worauf die Kassiererin durch den ganzen Laden plärrt: "Tina, was kosten die Kondome?" Oder doch provokant wie auf den Plakaten der Michael-Stich-Stiftung, auf denen eine schwangere HIV-Infizierte statt einem Kinderwagen einen Sarg vor sich herschiebt.

Für Werber Sebastian Turner von Scholz & Friends gibt es keinen Königsweg: "Das Verhalten rund um Aids gehört zu den dicksten Brettern in der Kommunikation, die es zu bohren gibt", sagt er.

Für die Kampagnen ist seit jeher die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zuständig, derzeit appelliert sie mit Gemüsesorten dafür, Kondome zu verwenden. Direktorin Elisabeth Pott sagt: "Aids ist noch immer eine ernsthafte Krankheit, über die man sich nicht lustig machen soll." Für den Weltaidstag am 1. Dezember gilt dann der beliebte Ansatz: Promis ziehen immer. Wie schon im Vorjahr ruft etwa Fußballer Philipp Lahm dazu auf, mit der Red-Ribbon-Schleife gemeinsam gegen Aids zu kämpfen.

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