Gestohlener Welthit:King of Klau

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Ein Anruf bei... Danny van Passel. Dem Komponisten wurde ein Lied geklaut, das später zum Welthit avancierte. Gesungen wurde es ausgerechnet vom King of Pop: Michael Jackson.

Martin Zips

Es ist ja nicht so, dass die komponierenden Zwillinge Danny und Eddy van Passel noch nie einen Hit gelandet hätten. In mehr als 100 Länder haben die 50-jährigen Belgier bereits Lieder verkauft. Sie schafften sogar mal einen dritten Platz beim Eurovision Song Contest. Doch eine Melodie aus ihrer Feder kennt wirklich jeder: Michael Jackson machte ihre Komposition unter dem Titel "You are not alone" weltberühmt. Das war illegal.

Späte Bestätigung: Komponist Danny van Passel und sein Bruder erwarten nun weiter Einnahmen. (Foto: Foto: oh)

SZ: Herr van Passel? Sind Sie jetzt der ältere oder der jüngere Zwilling?

Danny van Passel: Ich bin Danny und kam drei Minuten nach meinem Bruder auf die Welt. Wissen Sie, bereits mit acht Jahren haben wir schon beschlossen, als Komponisten zu leben.

SZ: Aber dann, als Sie beide schon 38Jahre alt waren, da hat Ihnen Michael Jackson plötzlich ein Lied geklaut.

Van Passel: Richtig. Ich mach's kurz: 1993 hatten mein Bruder und ich das Lied "If we can start all over" komponiert. Wir ließen uns als Urheber registrieren und verschickten Demo-Bänder an alle unsere Partner im Ausland.

SZ: Und dann?

Van Passel: Zwei Jahre später erfuhren wir, dass sich unser Lied auf dem neuen Album von Michael Jackson findet. Allerdings unter dem Titel "You are not alone". Dahinter stand der Name eines bis dahin kaum bekannten amerikanischen Komponisten: R. Kelly. Wir baten Urheberrechts-Experten, sich den Fall mal anzuschauen. Die sagten: "Stimmt. Das ist ein Plagiat." Und dann ging die Sache vor Gericht.

SZ: Zwölf Jahre lang.

Van Passel: 30000 Euro hat uns das alles gekostet. Das Wichtigste aber ist: Jetzt hat das Brüssler Berufungsgericht entschieden, dass nur wir die Komponisten sind. Das Lied "You are not alone" ist eine eindeutige Kopie unseres Songs "If we can start all over".

SZ: Wie ärgerlich für Herrn Kelly. Er ist heute ein sehr erfolgreicher amerikanischer Sänger und Komponist. Er hat Millionen von Platten verkauft.

Van Passel: Mein Zwillingsbruder und ich jedenfalls sind jetzt endlich vollständig rehabilitiert. Es gibt keinen Zweifel mehr daran, dass R.Kelly zu hundert Prozent bei uns abgeschrieben und das Lied dann Michael Jackson angeboten hat.

SZ: Und was passiert jetzt?

Van Passel: Nun muss weltweit das Geld, das durch das Abspielen von "You are not alone" eingenommen wurde, von der Verwertungsgesellschaft wieder eingesammelt und an uns überwiesen werden. Interessant ist ja auch, dass R. Kelly immer gesagt hat, er habe das Lied im Juni 1995 komponiert. Aber das Jackson-Album war ja im selben Monat schon veröffentlicht worden. Unseren Nachforschungen zufolge wurde "You are not alone" bereits im Januar und Februar 1995 im Studio aufgenommen. Also vier Monate, bevor R. Kelly das Lied komponiert haben will. Lächerlich, nicht?

SZ: Hat sich Herr Kelly schon bei Ihnen entschuldigt?

Van Passel: Darüber darf ich nicht sprechen. Ein sensibles Thema.

SZ: Da geht es wieder mal ums Geld, oder? Meinen Sie denn tatsächlich, dass Sie die entgangenen Millionen bald überwiesen bekommen?

Van Passel: Da gibt es Verträge mit den entsprechenden Verwertungsgesellschaften. Das Geld steht alleine dem Urheber zu. Und darum müssen sich jetzt die zuständigen Menschen kümmern. Wissen Sie, nicht nur Michael Jackson hat unser Lied gesungen. Auch Diana Ross, Fausto Papetti und viele, viele andere haben es gecovert.

SZ: Das Lied läuft in jeder zweiten Telefon-Warteschleife. Den ganzen Tag lang kriegt man's nicht mehr aus dem Kopf.

Van Passel: Das von uns komponierte Lied war der erste Song in der Popgeschichte, der in der amerikanischen Billboard-Hitliste von null auf Platz eins schoss. Noch nicht einmal die Beatles haben so etwas früher hinbekommen. Können Sie sich vorstellen, was das für ein Gefühl ist, wenn man seit zwölf Jahren weiß, dass man ein derart erfolgreiches Lied komponiert hat, aber niemand von einem Kenntnis nimmt? Wissen Sie, wie das ist, wenn einem das kaum einer glaubt? Wissen Sie, wie Sie sich fühlen, wenn Sie sehen, dass ein anderer durch Ihre Komposition weltberühmt wird? Das ist schon schlimm.

© SZ vom 14.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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