"Vom ersten Tag an können Sie die Zukunft Ihres Baby mitgestalten", säuselt eine Stimme aus dem Off. Auf dem Bildschirm wird auch gleich ein Blick in diese Zukunft gewährt. Die Jungen werden Bergsteiger und Wissenschaftler. Das Mädchen wird Ballerina - was sonst? Das ist das Bild, das im Werbespot für Aptamil gezeichnet wird, einer Marke des Babymilch-Herstellers Milupa. Und es ist nicht das einzige Beispiel für Werbung, die mit längst überholt geglaubten Geschlechterstereotypen spielt. Werbung liebt Klischees.
Für den Goldenen Zaunpfahl nominiert waren nur Kindersachen
Am Freitag wurde in Berlin zum ersten Mal der "Goldene Zaunpfahl" vergeben. Es ist ein Schmähpreis für Firmen, die in ihrer Werbung besonders auf Geschlechterklischees setzen. Zum Sieger kürte die Jury rund um die Unternehmerin und frühere Piraten-Politikerin Anke Domscheit-Berg den Klett-Verlag aus Stuttgart. Dessen Kinderbücher "Geschichten für Mädchen zum Lesenlernen" und das Gegenstück "Geschichten für Jungs" seien ein Beispiel für "stumpfsinnige Mädchen-Jungs-Stigmatisierung", hieß es in der Laudatio. "Noch unverschämter geht Gendermarketing nicht."
Auch die anderen Produkte, die für den Schmähpreis nominiert waren, richteten sich allesamt an Kinder - darunter das pinke "Überraschungs-Ei für Mädchen" von Ferrero, ein rosafarbener Globus des Herstellers Räth. Auch die Anzeige für eine Kinderküche im Onlineshop Jako-o wurde kritisiert - darin sieht man ein Mädchen, das in der Küche das Essen zubereitet, während der Junge daneben- sitzt und mit einem Handy telefoniert.
Die Werbeindustrie teilt die Welt gern in Rosa und Hellblau
Geschlechterklischees würden bei der Vermarktung von Produkten für jede Altersgruppe eingesetzt, monierten die Veranstalter. Beim Marketing für Kinder sei es allerdings besonders verwerflich, weil die sich nicht gegen vorgefertigte Rollenmuster wehren könnten.
Aber warum teilt die Werbeindustrie die Welt so gern in Rosa und Hellblau? Stefan Schmertzing ist Chef der Werbeagentur Wunderknaben. Er sagt, Werbung arbeite immer schon mit Klischees. "Man muss in sehr kurzer Zeit eine Geschichte erzählen", sagt Schmertzing. Da Klischees in den Köpfen nahezu aller Menschen verankert seien, mache Werbung sich das zunutze: "Wenn die brave Hausfrau die Suppe auf den Tisch stellt, kann sich binnen Zehntelsekunden jeder das Umfeld vorstellen - ob er das jetzt gut findet oder nicht, ist dabei fast egal." Übertreiben dürfe man es aber nicht: "Wenn die Konsumenten nur noch das Klischee wahrnehmen, geht die Botschaft der Marke unter", sagt Schmertzing. Kurz gesagt: Dann war der ganze rosa-blaue Aufwand umsonst.