Germanwings-Absturz:Germanwings-Copilot trägt alleinige Schuld

Gedenkstele Germanwings Absturz

149 Menschen riss der lebensmüde Copilot Andreas Lubitz am 24. März 2015 mit sich in den Tod. Der Germanwings-Airbus zerschellte in den französischen Alpen.

(Foto: dpa)
  • Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat festgestellt, dass es bei dem Absturz der Germanwings-Maschine kein Fremdverschulden anderer gab.
  • Auch die Eltern und die Lebensgefährtin von Lubitz wussten demnach nichts von seinen Suizidabsichten.
  • 2008 hatte Lubitz sich einem Arzt anvertraut. 2014, vor dem Absturz, tat er das nicht.

Von Hans Leyendecker

Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hatte in vielmonatiger Detailarbeit versucht, sich einer monumentalen Frage anzunähern: Hat jemand durch Unterlassen, Fehlverhalten oder die Verletzung von Vorschriften dazu beigetragen, dass der Copilot Andreas Lubitz vor gut zwei Jahren, es war der 24. März, 149 Menschen mit sich in den Tod reißen konnte?

Die Antwort stand im Januar 2017 fest: Nach Feststellungen der Strafverfolger gibt es keinen Anhaltspunkt für Fremdverschulden anderer. Keinem Mediziner, keinem Fliegerarzt, niemand von Lufthansa, Germanwings oder dem Luftfahrtbundesamt wird irgendeine Verantwortlichkeit im Sinne einer fahrlässigen Tötung vorgeworfen.

Es hatte auch Versuche von Anwälten gegeben, die Eltern von Lubitz oder seine Lebensgefährtin in den Fall zu ziehen, aber die hatten nach Feststellungen der Ermittler keine Ahnung von den Suizidabsichten des Piloten.

Lubitz hat sich das Leben genommen und dabei den Tod von Passagieren und Crew-Mitgliedern des Germanwings-Fluges 4U 9525 in Kauf genommen. Die Maschine, die von Barcelona nach Düsseldorf fliegen sollte, zerschellte in den französischen Alpen. Gegen Lubitz käme schon wegen Heimtücke ein Mordverfahren infrage, aber Juristen reden in solchen Fällen von Strafverfolgungshindernissen: Gegen ihn kann nicht ermittelt werden, da er tot ist.

Mehrere Beweisanträge von Seiten der Opfer wurden zurückgewiesen

Eine Reihe von Beweisanträgen, die Anwälte von Opferfamilien gestellt hatten, wurden deshalb zurückgewiesen. Sicheres Indiz für das Ende dieses Verfahrens: "Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten einer noch lebenden Person haben sich nach Prüfung der Sach -und Rechtslage nicht ergeben", teilte der zuständige Staatsanwalt Christoph Kumpa einem Berliner Anwalt mit, der allein 14 Beweisanträge gestellt hatte.

Es gab eine Reihe von Verschwörungstheorien, es gab ernsthafte Fragen. Viele Verdachtsmomente, die in dem Fall ins Spiel gebracht worden waren, fallen aus Sicht der Ermittler weg, weil es von Herbst 2009 bis Ende 2014 keinerlei Anhaltpunkte für eine psychische Erkrankung von Lubitz gegeben hat.

2008 war das anders gewesen. Da hatte er sich an der Bremer Verkehrsfliegerschule der Lufthansa einem Arzt offenbart. Er habe Suizidgedanken. Die Ausbildung wurde abgebrochen. Der behandelnde Arzt gab ihm dann während der "schweren depressiven Episode" das Psychopharmakum Mirtazapin und das Medikament Cipralex. Sein Tauglichkeitszeugnis wurde zunächst nicht verlängert.

Als die Behandlung anschlug und ein Sachverständiger zu dem Ergebnis kam, dass Lubitz nicht mehr an einer Depression litt und auch nicht mehr unter dem Einfluss von Antidepressiva stand, konnte er die Ausbildung fortsetzen.

In seinem Tauglichkeitszeugnis stand der Hinweis auf die vorherige Erkrankung. Es sollte dann aufgehoben werden, wenn die Störungen wiederkehrten. Damals, so Kumpa, habe es "keine Tatsachen für eine Fluguntauglichkeit gegeben".

Ende 2014 erlitt Lubitz einen Rückfall

Lubitz wurde als Pilot angestellt. Er wurde jedes Jahr untersucht wie alle Piloten untersucht werden. Psychische Krisen fielen nicht auf; vermutlich, weil er keine hatte. Die Ermittler haben dazu jedenfalls nichts finden können.

Dann, Ende 2014, bildete er sich plötzlich ein, krank zu sein, vielleicht blind zu werden. Er wurde offenbar krank vor Angst, dass er nicht mehr fliegen dürfte. Er rannte von Arzt zu Arzt. Den meisten sagte er nicht, dass er Pilot ist. Es war eine Odyssee durch die Praxen, und keiner konnte helfen.

Er hat sich auch mal im Katastrophenmonat März für eine Woche krankscheiben lassen. In dieser Zeit stellte er Suchmaschinen Fragen wie: "Welches Gift tötet schmerzlos?" Oder: "Wie viel kostet Zyankali?" Er war ein Hypochonder, seelisch ein Wrack. Dann wollte er sich mit einem Flugzeug umbringen.

Der Fall ist in Deutschland juristisch wohl beendet - in Frankreich, wo das Flugzeug zerschellte, laufen noch Ermittlungen mit ungewissem Ausgang. Zwischen den deutschen und den französischen Ermittlern gibt es offenbar wenig Kontakte.

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