Rapper-Prozess:Fler darf Bushidos Kinder nicht beleidigen

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Bessere Zeiten: Die damaligen Kumpels Fler (links) und Bushido in einer Filmszene aus dem gemeinsamen Kinofilm "Zeiten ändern sich" (Archivbild). (Foto: Constantin Film/dpa)

Die beiden Rapper tragen Beef vor Gericht aus: Fler hatte in einem Lied nicht nur über Bushido, sondern auch über dessen Ehefrau hergezogen. Nun muss er sich löschen.

Von Stephan Handel

In den alten Zeiten, die so gut ja auch nicht immer waren, da haben die bösen Jungs, wenn sie "Beef" miteinander hatten, also Streit, die Angelegenheit unter sich geregelt. Mit ihren Fäusten oder noch gefährlicheren Waffen. Wahrscheinlich ist es also durchaus zu begrüßen, dass die Gangsta-Rapper von damals mittlerweile Manager, Plattenfirmen, Anwälte haben und sich deshalb im Beef-Fall nicht mehr in irgendeinem Hinterhof treffen, sondern vor Gericht. So wie am Mittwoch am Landgericht München I Bushido und sein Kollege Fler.

Anis Ferchichi ist aber nicht gekommen, so heißt Bushido mit bürgerlichem Namen. Klägerin ist nämlich seine Frau, Anna-Maria Ferchichi, sowie die vier gemeinsamen Kinder. Fler heißt eigentlich Patrick Losensky, ist allerdings auch nicht da. Und so streiten sich die beiden Anwälte für ihre Mandanten: Fler und Bushido waren früher mal beste Freunde, dann nicht mehr, und jetzt hat Fler einen sogenannten "Diss-Track" namens "Noname" veröffentlicht, der in erster Linie den Sinn hat, den Kontrahenten zu beleidigen - eine Reaktion auf Bushidos Lied "Renegade", in dem er rappte, Fler habe eine Karotte im Anus stecken.

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Fler beließ es daraufhin aber nicht dabei, über Bushido herzuziehen, sondern feuerte auch gegen dessen Ehefrau und die gemeinsamen Kinder: Erstere sei eine "Bitch" und eine "Suckerhoe", während Bushido laut Fler nicht sicher sein könne, Vater der Kinder zu sein - Anna-Maria Ferchichi, Schwester der Sängerin Sarah Connor, war einst mit dem Fußballer Pekka Lagerblom verheiratet, danach mit Mesut Özil liiert. Beide spielten für Werder Bremen, was für Fler Anlass ist, über den "ganzen Kader" des Vereins und dessen Beziehungen zu Frau Ferchichi zu spekulieren.

Dagegen also klagte diese: Fler soll nicht mehr rappen dürfen, dass sie eine "Bitch" oder ähnliches sei, und die Vaterschaft Bushidos soll er auch nicht anzweifeln. Und schon ist die Verhandlung mittendrin - im Umgangston unter Gangsta-Rappern einerseits, in den verfassungsmäßig garantierten Grundrechten andererseits. Es geht um den Widerstreit zwischen Persönlichkeitsschutz und Kunstfreiheit, und Petra Gröncke-Müller, die Vorsitzende Richterin, stellt gleich klar, dass keines davon "per se mehr wert" sei.

Die Persönlichkeitsrechte der Kläger, also Ferchichi und ihrer Kinder, sind ganz gewiss verletzt, das sagt Gröncke-Müller als erstes. Nun aber muss das Gericht abwägen, ob dadurch die Grenze überschritten wird, die das Gesetz auch der Kunst zieht. Im Fall der Kinder sei das auf jeden Fall so: Sie hätten erstens mit dem Streit überhaupt nichts zu tun, die Unterstellung, Bushido sei nicht ihr Vater, sei "unstrittig falsch", und außerdem schütze das Grundgesetz in besonderer Weise das Kindeswohl. Die Kinder sind zwischen vier und sieben Jahren alt, trotzdem widmet ihnen die Richterin einen sehr erwachsenen Satz: "Sie müssen das nicht hinnehmen."

Halber Sieg, halbe Niederlage

Bei Frau Ferchichi liegt die Sache etwas anders. Sie hat sich in den Streit der Männer eingemischt, unter anderem bezeichnete sie Fler in einem Instagram-Post als "krankes armes Schweinchen" und ließ es auch an Anspielungen auf dessen angebliche sexuelle Vorerfahrungen nicht fehlen. Das sei, meint das Gericht, der entscheidende Unterschied: "Die Klägerin war in ihrer Sprache auch nicht gerade kleinlich und nicht besonders freundlich." Hätte sie sich rausgehalten oder sachlich argumentiert, "sähe das vielleicht anders aus".

Flers Rechtsanwalt Christian-Oliver Moser steht in diesem Moment des Verfahrens vor einem halben Sieg und einer halben Niederlage - deshalb versucht er, mit der "Unteilbarkeit der Kunst" zu argumentieren: Die Aussagen über die Kinder in dem Text zu verbieten, hieße ja, das ganze Lied zu verbieten.

Ferchichis Anwältin Eva Frauenschuh hingegen ficht für ihre Mandantin: Sie habe sich auf Instagram gewehrt, weil sie nicht rappen könne und ihr deshalb die Möglichkeit eines eigenen "Diss-Tracks" genommen sei.

Kein Vertrauen in Berliner Gericht

Beide Anwälte kommen übrigens - wie auch Klägerin und Beklagter - aus Berlin. Dass sie sich in München vor Gericht treffen, hängt mit dem sogenannten "fliegenden Gerichtsstand" zusammen: Weil das Lied online in ganz Deutschland aufgerufen werden kann, kann sich die Klägerin aussuchen, wo sie klagt. Frauenschuh sagt, das Vertrauen in die zuständige Kammer beim Berliner Landgericht sei gesunken, seit diese gröbste Beleidigungen gegen die Grünen-Politikerin Renate Künast für irgendwie doch okay befand.

Am Ende bleibt das Gericht bei seiner Einschätzung: Eine Einstweilige Verfügung verbietet Fler nun die Sätze über die Kinder, während Anna-Maria Ferchichi die Äußerungen über ihre Person hinnehmen muss. Fler muss dafür sorgen, dass "Noname" aus allen Veröffentlichungs-Kanälen verschwindet. Auf Tonträger ist der Rüpel-Rap ohnehin nicht erschienen.

© SZ vom 12.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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