Süddeutsche Zeitung

Geiselnahme in Alabama:Entführer mit Blendgranate überlistet

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Sogar Pentagon-Chef Panetta war in die Befreiung des Fünfjährigen involviert, der knapp eine Woche in einem unterirdischen Bunker im US-Bundesstaat Alabama gefangen gehalten wurde - so stellte der US-Verteidigungsminister den Einsatzkräften militärisches Spezialgerät zur Verfügung.

Knapp eine Woche hatte ein 65-jähriger Rentner einen fünfjährigen Jungen in einem Bunker in Midland City, Alabama, gefangengehalten. Erst Spezialkräfte des FBI konnten ihn befreien - und benutzten dafür sogar militärisches Gerät. Der Geiselnehmer, ein Vietnam-Veteran, starb bei dem Einsatz. Medienberichten zufolge hatte er selbst gebaute Bomben in dem unterirdischen Raum gelagert.

Ein FBI-Sprecher sagte, die Situation habe sich zum Ende hin dramatisch verschlechtert: "Die Verhandlungen stockten und drohten zu scheitern." Der Geiselnehmer sei zunehmend aggressiver geworden und in dem Bunker mit einer Waffe herumgelaufen. "Das Leben des Jungen war in unmittelbarer Gefahr."

CNN berichtete, dass auch der scheidende US-Verteidigungsminister Leon Panetta in die Aktion involviert gewesen sei. Der Pentagon-Chef soll demnach militärisches Spezialgerät zur Verfügung gestellt haben, unter anderem eine Drohne.

Die Bundespolizei hatte nicht nur über ein zehn Zentimeter breites und sechs Zentimeter langes Belüftungsrohr Kontakt mit dem Geiselnehmer gehalten - die Spezialkräfte hatten mithilfe des Rohres auch eine geheime Kamera in dem Bunker installiert. So erfuhren sie auch von den Bomben.

Käsechips und ein Spielzeugauto

Der Junge, der unter dem Asperger-Syndrom, einer Form von Autismus, und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) leidet, war durch das Plastikrohr im Bunker mit Medikamenten, Spielzeug und Lebensmitteln versorgt worden. Er hatte sich am Montag Käsechips und ein Hotwheel-Auto gewünscht.

Die Einsatzkräfte bestanden darauf, das Paket wegen seiner angeblichen Übergröße nicht über das Plastikrohr zu übergeben, sondern vor dem Eingang abzustellen, wo es der Geiselnehmer sich holen sollte. Der übermüdete 65-Jährige fiel auf die List der Beamten herein - denn als er die Tür öffnete, warfen die Einsatzkräfte eine Art Blendgranate, die ihn sofort außer Gefecht setzte. Menschen, die sich in der Nähe des Explosionsbereiches dieser Granaten aufhalten, werden kurzzeitig orientierungslos, da Seh- und Hörwahrnehmung stark beeinträchtigt sind.

Nach seiner Befreiung war die Geisel zur Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht worden. "Er lacht schon wieder, hat großen Appetit und macht Witze", sagte FBI-Sprecher Steve Richardson, der den Jungen besucht hatte, "dass der Junge lebt und unverletzt ist, ist die Erfolgsgeschichte." Der Fünfjährige feiert heute seinen sechsten Geburtstag - in Freiheit.

Die Motive des Täters sind weiter unbekannt. Wie Nachbarn und Medien berichteten, handelte es sich bei ihm um einen Mann mit Hang zur Gewalt, der sich offenbar vor allem von der Regierung in Washington bedroht gefühlt habe, wie ein Polizeiermittler sagte: "Er fiel immer wieder durch antiamerikanische Parolen auf."

Sheriff Warry Olsen dagegen glaubt, dass "der Geiselnehmer eine Botschaft loswerden wollte". Demnach habe er den Jungen gegen einen Journalisten austauschen wollen, um "ihm seine Geschichte zu erzählen".

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