Gefängnis-Spürhund für Mobiltelefone:Der Duft von Samsung und Nokia

Erster Handy-Spürhund im deutschen Justizvollzug

Haariger Helfer: Der belgische Schäferhund "Artus Lübeck Airport" ist der erste Handyspürhund in deutschen Gefängnissen.

(Foto: dpa)

Elektronische Schmuggelware: Allein in sächsischen Haftanstalten wurden im vergangenen Jahr mehr als 300 Mobiltelefone sichergestellt. Um das strikte Verbot der Geräte besser durchsetzen zu können, wird nun ein speziell auf Handys geschulter Spürhund eingesetzt.

Von Cornelius Pollmer

Der neueste Mitarbeiter im sächsischen Justizvollzug ist sechs Jahre alt, er heißt Artus Lübeck Airport und hat vor Kurzem seine Ausbildung an der Diensthundeschule bestanden. Das "Grundmodul Handyspürhund" schloss Artus mit dem Prädikat befriedigend ab. Nun soll der belgische Schäferhund die sächsische Justiz "im Kampf gegen unerlaubte Handykommunikation unterstützen" und "den Verfolgungsdruck bei den Gefangenen deutlich steigern", sagte sein oberster Dienstherr, Justizminister Jürgen Martens (FDP) am Freitag bei der Vorstellung von Artus.

Mobiltelefone seien in den Gefängnissen des Freistaats "nicht ohne Grund nach Drogen die beliebteste Schmugglerware", sagte Martens. Allein in sächsischen Haftanstalten wurden im vergangenen Jahr mehr als 300 Handys sichergestellt. Die Geräte sind in deutschen Gefängnissen strikt verboten, finden aber immer wieder ihren Weg hinein.

Manche Vollzugsanstalten versuchen dem Problem mit Störsendern beizukommen, das ist immer kostspielig, mitunter problematisch, manchmal vergeblich. Kostspielig, weil der Empfang außerhalb der Justizvollzugsanstalten (JVA) durch die Handy-Blocker nicht erheblich gestört werden darf und somit viele verschiedene Sender mit geringer Leistung installiert werden müssen. Problematisch, weil diese Eingrenzung nicht immer gelingt. Vergeblich, weil mit der Einführung eines neuen Standards selbst teuerste Technik wertlos werden kann: Das Blocken eines UMTS-Signals nützt wenig, wenn das Handy eines Insassen bereits über den neuen Standard LTE funkt.

Erfolgreicher Probe-Einsatz

Erschwerend kommt hinzu, dass Mobiltelefone über die Jahre immer kleiner geworden sind und damit leichter zu verstecken. Mindestens zwei Stunden benötigen zwei Beamte, um eine Zelle gründlich zu durchsuchen. Artus soll es in fünf bis zehn Minuten schaffen. Seit November schnüffelt er zur Probe in seinem neuen Dienstsitz, der JVA Zeithain. Fünf Handys hat Artus dort bereits aufgetrieben.

Wie genau Artus Fährte aufnimmt, ist selbst seinem Diensthundeführer und den Ausbildern noch nicht klar. Vermutlich konzentriere er sich auf einen "Mischgeruch" aus individuellen Anhaftungen am Gerät wie Schweiß, Haare und Schuppen sowie dem Eigenaroma elektrischer Geräte. Auf Erfahrungswerte können die Beamten bei der Klärung solcher Fragen nicht zurückgreifen.

Im Bayerischen Justizministerium ist die Methode Handyspürhund nicht bekannt, ebenso wenig beim Bundesverband Wach- und Diensthunde (BVWD). Es gebe Spürhunde, die auf Leichen, Schimmel oder sogar Krebsgeschwüre spezialisiert seien, sagt Steffen Orthmann, Leiter Ausbildung und Prüfungswesen beim BVWD. Aber Handys? "Das ist mir ein bisschen suspekt, das ist schon sehr weit hergeholt."

Allerdings überrascht es nicht, dass ausgerechnet Sachsen Pionierarbeit beim Apportieren leistet. Vor zwei Jahren war das Land das erste Mal mit seinem Tatendrang bei der Überwachung des Mobilfunks aufgefallen: Beim Gedenken an die Zerstörung Dresdens im Februar 1945 erhoben die Behörden über eine Funkzellenabfrage 138 000 Verbindungsdaten von Demonstranten und auch von Unbeteiligten.

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