Werbung in US-Gefängnis:"Angebot vor allem für Anwälte"

Das Gefängnis in Buffalo im US-Bundesstaat New York rechnet sich nicht. Geschäftsmann Keith Furman soll das nun ändern - mit kundenspezifischer Werbung.

Cornelius Pollmer

Verbrechen lohnt sich wirklich nicht, der Betreiber des Erie County Holding Center kann dies auf Anfrage bestätigen. Das Gefängnis in Buffalo im US-Bundesstaat New York rechnet sich nicht so recht, und deswegen hat Keith Furman einen Auftrag erhalten. Er ist Geschäftsführer von Metrodata Services Inc. und will das Defizit mit Werbung ausgleichen.

Werbung in US-Gefängnis: Keine werbefreie Zone: Gefängnis in Buffalo.

Keine werbefreie Zone: Gefängnis in Buffalo.

SZ: Mister Furman, Ihre Firma hatte neulich im Untersuchungsgefängnis in Buffalo zu tun. Was haben Sie dort gemacht?

Furman: Wir haben zwei Bildschirme aufgehängt, einen im Warteraum für die Besucher, den anderen dort, wo neue Gefangene aufgenommen werden. Die Elektrik ist noch nicht ganz fertig, aber bald können wir die Dinger anknipsen.

SZ: Was wird dann zu sehen sein?

Furman: Wir bringen 15 Minuten in Dauerschleife. Fünf Minuten davon erzählt ein Film über das Erie County Holding Center und seine Regeln für Häftlinge: Wann darf ich telefonieren? Wo bekomme ich Essen? Wie ist das mit den Toiletten? Für Leute, die das erste Mal im Gefängnis landen, sind das sehr wichtige Informationen - und den Vollzugsbeamten spart der Film viel Arbeit, weil sie nicht jedem alles erzählen müssen.

SZ: Fehlen noch zehn Minuten.

Furman: Vor und nach dem Film läuft Werbung.

SZ: Wer wirbt denn freiwillig im Gefängnis? Ist ja eine eher schwierige Zielgruppe.

Furman: Traditionelle Werbung ist sehr teuer, wir wollen sie auch für kleine Geschäftsleute bezahlbar machen. Ein 20-Sekunden-Spot kostet bei uns 30 Euro pro Woche, das Angebot nutzen vor allem Anwälte, um Besucher und neu eingebuchtete Insassen zu erreichen. Wir haben schon jetzt 60 Prozent der Spots für das erste Jahr verkauft, das Gefängnis wird etwa 11000 Euro verdienen. Wir verdienen auch an der Werbung mit.

SZ: Warum konzentrieren Sie sich auf Besucher und Neuankömmlinge?

Furman: In der Werbung gibt es eine einfache Regel: Sie müssen den Konsumenten genau dann erreichen, wenn er seine Kaufentscheidung trifft. Und was will einer, der gerade im Gefängnis gelandet ist? Er will wieder raus! Also braucht er einen Anwalt. Die Leute brauchen Informationen, aber hier gibt es kein Internet und telefonieren ist auch schwierig - deswegen liefern wir diese Information...

SZ: ...und profitieren von der misslichen Lage der Häftlinge.

Furman: Kommen Sie mir jetzt bitte nicht so, ich habe da überhaupt kein Mitleid. Menschen, die im Gefängnis landen, haben sich in aller Regel selbst in diese Lage gebracht. Wir profitieren vielleicht davon, vor allem aber geben wir ihnen etwas. In einem der Spots blendet ein Anwalt seinen Leitspruch ein: "Manchmal machen gute Menschen einen Fehler." Darum geht es.

SZ: Wenigstens in der Kirche und im Knast war man bisher noch vor Werbung sicher. Jetzt hat es ja wirklich gar nichts Gutes mehr, im Gefängnis zu sein.

Furman: Moment, in Kirchen sind Sie längst nicht mehr vor Werbung sicher. In meiner Heimatgemeinde gibt es mitten in der Kirche einen Coffee-Shop. Wir sind heute ständig von Werbung umgeben, und mich nervt das Jammern darüber. Ich sage immer: Wenn dich Werbung nicht interessiert, schau halt weg.

SZ: Aber muss das denn sein: überall Werbung?

Furman: Wissen Sie, Werbung sucht immer neue und immer mehr Wege, um die Menschen zu erreichen. Sie muss dem sich verändernden Anspruch der Leute gerecht werden. Deswegen werben wir in Einkaufszentren, Restaurants und Bars, überall dort, wo Öffentlichkeit ist.

SZ: Wo muss ich denn hingehen, damit Sie mich nicht erreichen?

Furman: Da kann ich mir wirklich kaum einen Ort vorstellen. Selbst im Fahrstuhl finden wir Sie.

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