Arbeit im Gefängnis:Viele Gefangene verlassen hoch verschuldet die Gefängnistore

Die Gefahr, dass Ex-Häftlinge später noch einmal im Gefängnis landen, ist groß. 60 bis 70 Prozent werden wieder straffällig.

Viele Gefangene verlassen hoch verschuldet die Gefängnistore. Während der Haft stauen sich Unterhaltszahlungen an, Gerichts- und Anwaltskosten werden erhoben, zum Teil muss ein Täter-Opfer-Ausgleich bezahlt werden. Häftlinge, die schon während der Haft fair honoriert würden, erlebten die Arbeit und den zugehörigen Verdienst als etwas Positives und müssten nach der Haft nicht um ihre Existenzgrundlage bangen, sagt Matzke.

Doch Forderungen nach höherem Lohn schmettern die Justizministerien der Bundesländer ab; ebenso wie Bildung ist der Vollzug Ländersache. Gefangene seien keine Arbeitnehmer, sagt eine Sprecherin des bayerischen Justizministeriums. Beim Mindestlohn gehe es darum, dass Menschen mit dem verdienten Geld ihren Lebensunterhalt bezahlen könnten. Arbeit im Justizvollzug hingegen hätte primär die Resozialisierung als Ziel.

Es geht um Wertschätzung und eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit

Doch der niedrige Lohn widerspricht dem Bestreben, Menschen nach ihrer Haft wieder in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt einzugliedern, so sieht das auch der Kriminologe Bernd Maelicke. Wertschätzung, eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit und soziale Beziehungen seien entscheidende Faktoren der Resozialisierung, sagt er. Es sei ein wichtiger Schritt für Gefangene, nach und nach Schulden tilgen zu können und selbst in der Lage zu sein, Unterhalt zu zahlen. Die Gefangenen bekämen so das Gefühl, ihr Leben mit eigenem Bemühen und Verdienst wieder in geregelte Bahnen lenken zu können.

Justizministerien dagegen stellen sich gegen eine Lohnerhöhung. Und das seit fast 50 Jahren. So alt ist die Forderung nach einer fairen Bezahlung von Gefangenen und Rentenzahlungen schon. Die Justizbehörden der Länder argumentieren unter anderem mit den Kosten, die ein Gefangener pro Tag verursacht. In Bayern sind es 113,43 Euro, in Berlin 150,48 Euro. Das bayerische Justizministerium weist schriftlich darauf hin, dass im vergangenen Jahr 39,9 Millionen Euro Arbeitseinnahmen durch die Häftlinge Gesamtausgaben für den Justizvollzug von 436,4 Millionen Euro gegenüberstanden, Bau und Instandhaltung der Anstalten mit eingerechnet.

Die Mehrheit der Bevölkerung ist für mehr Härte gegen Straftäter

Bernd Maelicke ist überzeugt, dass sich viel Geld sparen ließe, wenn man mehr Gefangene für den offenen Vollzug auswählen und mehr Strafen zur Bewährung aussetzen würde; und sich so gleichzeitig sogar die Rückfallquote senken ließe.

Doch obwohl die Kriminalitätsrate jährlich weiter sinkt, spricht sich eine Mehrheit der Bevölkerung für mehr Härte gegen Straftäter aus.

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