Gedenken an Opfer der Zwickauer Terrorzelle:Ein Platz für Halit Yozgat

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In Kassel ermordeten die Zwickauer Neonazis im April 2006 Halit Yozgat. Nun benennt die Stadt einen Platz nach dem Neonazi-Opfer. Auch andere Städte wollen ein Zeichen gegen den rechten Terror setzen - die Angehörigen der Opfer wurden in die Pläne allerdings nicht einbezogen.

Ismail Yozgat hatte sich gewünscht, dass eine Straße nach seinem Sohn benannt wird. Nicht irgendeine Straße, sondern die Holländische Straße im Norden von Kassel. Hier war Halit Yozgat geboren worden - und hier war er gestorben, am 6. April 2006 durch ein Attentat der Zwickauer Terrorzelle. Doch die Holländische Straße ist eine der zentralen Verkehrsadern, vierspurig, kilometerlang, sie gibt einem ganzen Stadtteil in Kassel ihren Namen: Nord-Holland. Außerdem hätte eine Straßen-Umbennung einen gewaltigen Verwaltungsakt bedeutet.

Mit einer Schweigeminute gedenken Vertreter des öffentlichen Lebens im Februar in Kassel Halit Yozgat. Der junge Mann ist das mutmaßlich neunte Opfer der Zwickauer Terrorzelle. (Foto: dpa)

So wird dem getöteten jungen Mann nun mit einem Platz gedacht. In unmittelbarer Nähe zum Tatort soll am künftigen "Halit-Platz" auch eine Inschrift zur Erinnerung und Mahnung aufgestellt werden, wie die Stadt am Dienstag bekanntgab. "Es ist von besonderer Bedeutung, dass nicht nur in Kassel, sondern in allen Städten, die Opfer zu beklagen haben, diese Ungeheuerlichkeit nicht in Vergessenheit gerät, damit dies nicht wieder geschehen kann", sagte Oberbürgermeister Bertram Hilgen.

Der SPD-Politiker kündigte für kommenden Freitag - an diesem Datum jährt sich Yozgats Ermordung zum sechsten Mal - eine Gedenkveranstaltung an. Am Tatort in der Holländischen Straße 82 soll an den 21-Jährigen erinnert werden, der in seinem eigenen Internetcafé hingerichtet worden war. Oberbürgermeister Hilgen rief die Bevölkerung zur Teilnahme an der Veranstaltung auf, deren Beginn auf 14:30 Uhr angesetzt ist. Auch der türkische Generalkonsul Ilhan Saygili hat sein Kommen angekündigt.

Städte erinnern gemeinsam an Opfer des Rechtsterrors

Die rechtsextreme Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) soll zwischen 2000 und 2007 insgesamt neun Kleinunternehmer türkischer und griechischer Herkunft ermordet haben. Halit Yozgat war das mutmaßlich neunte Opfer von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe.

Auch für die Ermordung der Polizistin Michéle Kiesewetter wird das Trio verantwortlich gemacht. Die 22-jährige Beamtin aus Thüringen war am 25. April 2007 auf der Heilbronner Theresienwiese erschossen worden. Anlässlich des fünften Jahrestages der Ermordung der jungen Frau enthüllt die Stadt am 25. April eine neue Gedenktafel.

Die sieben von der Neonazi-Mordserie betroffenen deutschen Städte Nürnberg, Hamburg, München, Rostock, Dortmund, Kassel und Heilbronn wollen zudem in einer gemeinsamen Initiative an die zehn Opfer des NSU erinnern. Mit Gedenktafeln, auf denen die Namen aller Getöteten aufgeführt sind, sollen die Morde "in angemessener Weise als Serie und erschreckende Taten von ausländerfeindlichem Charakter gekennzeichnet werden", sagte Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD). In einer gemeinsamen Erklärung der Städte heißt es: "(...) Wir sind bestürzt und beschämt, dass diese terroristischen Gewalttaten über Jahre nicht als das erkannt wurden, was sie waren: Morde aus Menschenverachtung. Wir sagen: Nie wieder!"

Ombudsfrau kritisiert Städte-Gedenken

Die Ombudsfrau für die Angehörigen der Neonazi-Opfer bemängelte, dass die Angehörigen nicht an der Entscheidung über die geplanten Gedenktafeln in sieben Städten beteiligt wurden. "Wir wissen ja nicht einmal, ob das alle überhaupt so wollen", sagte Barbara John der Berliner tageszeitung. Vermutlich hätten die meisten Angehörigen zwar nichts gegen diese Form des Gedenkens einzuwenden. Doch hätte man "die Menschen, um die es geht", auch um ihre Meinung bitten sollen.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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