Süddeutsche Zeitung

Gastronomie:Österreichisches Parlament kippt Rauchverbot

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Von Oliver Das Gupta

Heinz-Christian Strache war 15, als er mit dem Rauchen angefangen hat. Heimlich, mit Klassenkameraden, auf dem Heimweg nach dem Samstagsunterricht. "Wir kamen uns supercool vor, aber am Anfang war mir vor allem schlecht", sagte Strache der Süddeutschen Zeitung im September.

Der Vorsitzende der radikal rechten FPÖ ist dann doch noch auf den Geschmack gekommen und wurde ein berüchtigter Raucher, der gerne seinen Mitsüchtling und langjährigen Grünen-Chef Alexander Van der Bellen um Zigaretten anschnorrte. Van der Bellen ist nun Bundespräsident, Strache regiert als Vizekanzler seit Dezember in der neuen österreichischen konservativ-rechten Koalition.

Pünktlich zum anstehenden 100-Tage-Jubiläum konnte Strache seine Tabak-Liebe mit Regierungspolitik verbinden. Mit der Mehrheit der Koalitionsparteien kippte das österreichische Parlament am Donnerstag das geplante generelle Rauchverbot in Gaststätten.

Für Strache und seine Leute ist das ein großartiger Tag. Das für Mai angedachte Verbot zu stoppen, war ein zentrales Wahlversprechen der FPÖ, bei den Koalitionsverhandlungen pochten die Rechtspopulisten darauf. Entsprechend deutlich frohlocken die FPÖ-Strategen wegen der Abstimmung. Dieser Punktsieg ist ein Zuckerl für die eigene Anhängerschaft.

Ein bisserl deppert fühlt man sich wegen dieser Causa beim konservativen Koalitionspartner, der ÖVP. Aus Regierungskreisen wird zwar darauf verwiesen, dass man ja auch die blaue FPÖ dazu gebracht habe, schwarze Kröten zu schlucken. Aber so richtig vermittelbar ist der Stopp des Rauchverbotes für die Partei von Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht.

Denn erst vor drei Jahren hatte die ÖVP in der Vorgänger-Regierung das Gesetz zusammen mit den Sozialdemokraten selbst auf den Weg gebracht. Mehr als zwei Dutzend Abgeordnete, die damals dafür gestimmt haben, mussten nun dagegen votieren.

543 000 Unterschriften für ein Verbot

Die Gegenbewegung ist enorm: Die Opposition und beträchtliche Teile der Zivilgesellschaft protestieren seit Wochen gegen das Vorhaben der Regierung, selbst ÖVP-Politiker und ehemalige konservative Kabinettsmitglieder haben sich dafür ausgesprochen, das Rauchverbot beizubehalten.

Für ein geplantes Volksbegehren für ein Rauchverbot wurden bereits mehr als 543 000 Unterschriften gesammelt - Österreich hat 8,7 Millionen Bürger.

Im Regierungslager hofft man, dass sich die Aufregung nun legt. Man verweist darauf, dass man ja auch Details verschärft habe: Jugendliche dürften nun zum Beispiel keine Zigaretten mehr kaufen. Und das Volksbegehren? In der FPÖ, die sich sonst selbst lautstark für mehr direkte Demokratie starkmacht, signalisiert man Entgegenkommen. Strache spricht davon, dass ein Volksentscheid über das Raucherthema möglich sein könnte, wenn mehr als 900 000 Menschen unterschrieben hätten.

Der FPÖ-Chef hat übrigens einmal vier Monate aufgehört mit dem Rauchen, aber den Nikotin-Entzug nicht geschafft, wie er der SZ erzählte: "Es ist leider mein Laster geblieben."

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Quelle:
SZ vom 23.03.2018
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