Süddeutsche Zeitung

Bretagne:Rätsel um angespülte Garfield-Telefone gelöst

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Die seit mehr als drei Jahrzehnten an der bretonischen Westküste angeschwemmten Garfield-Telefone haben viele Sammler an die Strände gezogen. Für die einen waren die Fundstücke am Strand eine Erinnerung an das Analogzeitalter, für andere ein Symbol für die Verschmutzung der Meere, und für alle war es eine kurios-rätselhafte Geschichte. Die sich nun weitgehend aufgeklärt hat.

In einer Grotte nahe der äußersten Westspitze Frankreichs wurden die Überreste eines Containers mit der skurrilen Ladung entdeckt. Aktivisten des örtlichen Umweltschutzvereins Viltansoù haben ihn dort aufgespürt.

Jahrelang hatte das Team versucht, herauszufinden, woher die Garfield-Telefone stammen. "Es war ein Moment der Freude, denn wir fanden endlich die Quelle dieser Verschmutzung, unter der wir seit Jahren leiden", sagte die Vorsitzende des Vereins, Claire Simonin-Le Meur. Unklar ist nun noch, welches Schiff wann genau den Garfield-Container verloren hat. Hergestellt wurden die Festnetzgeräte mit den beweglichen Augenlidern in den Achtzigerjahren.

Die orangefarbenen Garfield-Telefone wurden immer wieder auf einem etwa 24 Kilometer langen Küstenabschnitt zwischen den Gemeinden Plougonvelin und Plouarzel angespült. Allein im vergangenen Jahr sind 200 von ihnen im ganzen Stück oder in Teilen gefunden worden. Schon lange war vermutet worden, dass einst ein Container mit den orangefarbenen Telefonen ins Meer gefallen sein musste, und sich nur nach und nach entleerte.

Als die Flut niedrig genug war, wagten die beiden sich in die Klippen

Als im Februar wieder vermehrt Garfield-Telefone angespült wurden, berichteten Medien weltweit. Offenbar half die Berichterstattung dabei, den Container zu finden. Ein Küstenbewohner hatte sich bei den Umweltschützern gemeldet. Er erzählte davon, im Gebiet der Gemeinde Plouarzel einen geheimnisvollen Container bereits vor mehr als 30 Jahren gesehen zu haben, wie der Sender Franceinfo berichtete. Als etwa 20-Jähriger habe er während eines Sturms lauter Telefone am Strand entdeckt und mit seinem Bruder ihre Spur verfolgt, sagte René Morvan dem Sender. Als die Flut niedrig genug war, wagten die beiden sich in die Klippen und fanden den Container. Ihr Geheimnis behielten sie für sich - bis jetzt. Unklar ist, warum sie solange damit warteten, den Containerfund zu melden.

Daraufhin machten sich die Umweltschützer von Viltansoù an der besagten Stelle auf die Suche und fanden den Garfield-Schatz. Doch so bizarr die Geschichte der Katzen-Telefone auch ist - ihr Hintergrund ist ernst. "Garfield ist für uns ein Symbol, das es ermöglicht, das Bewusstsein für das Problem der Meeresverschmutzung durch Kunststoffe zu schärfen", sagt Simonin-Le Meur. Es sei nur ein Container von Tausenden, die im Ozean versunken seien.

Der World Shipping Council schätzt, dass pro Jahr im Durchschnitt mehr als 500 Container ins Meer fallen - Katastrophen wie der Untergang von Schiffen werden dabei allerdings nicht mitgezählt. Rechnet man diese mit ein, liegt die Zahl den Schätzungen des Wirtschaftsverbands zufolge bei knapp 1600. Die Zahl dürfte Umweltschützern zufolge aber durchaus höher sein, da möglicherweise nicht jeder Vorfall gemeldet wird. Die Vermüllung der Meere ist ein riesiges Problem - und ihre Ursache sind längst nicht nur Container, die ins Meer fallen. Verpackungsmaterialien und Abfälle aus Fischerei und Schifffahrt wie Netzreste haben für Fische, Seevögel und Meeressäuger dramatische Folgen. Sie verheddern sich in alten Netzen oder verwechseln unverdaulichen Müll mit Nahrung.

Zerfällt der Abfall in winzige Mikroplastik-Partikel, kann er über die Nahrungskette auch auf den Tellern der Menschen landen. Mikroplastik gelangt auch beim Waschen ins Meer, denn es kommt in Kleidung und Kosmetikprodukten vor und wird von Klärwerken nicht herausgefiltert. Es ist also gut möglich, dass von der bretonischen Küste kleine Garfield-Partikel in den Verdauungstrakten vieler Fischesser gelandet sind, auch in Deutschland.

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