Fußball:Nationaltrainer von Costa Rica tritt zurück - aus Langeweile

Gustavo Matosas

Gustavo Matosas im März: Ist das Skepsis in seinem Gesicht, oder erste Anzeichen des Überdrusses?

(Foto: dpa)

Zu viele Videoanalysen! Zu wenig "pura vida"? Gustavo Matosas hat seinen Rücktritt verkündet. Dabei war Langeweile noch nie so begehrt wie jetzt.

Das entspannte dänische "Hygge" war gestern, heute ist "Niksen", das süße Nichtstun aus den Niederlanden, der neue Trend. Mit dem langweiligen deutschen Stubenhocker hat das wenig zu tun, stattdessen übten sich gestresste Europäer in diesem Sommer im Aus-dem-Fenster-schauen. Noch nie hat man im Netz so viele Oden an die Ödnis gelesen.

Ausgerechnet in Costa Rica, wo Hängematten und Mangoshakes das Lebensgefühl bestimmen, hat eben jene Langeweile nun zu einem überraschenden Rücktritt geführt: Fußball-Nationaltrainer Gustavo Matosas will nicht mehr.

Kein Jahr hat er es ausgehalten, die Männer-Nationalmannschaft von Costa Rica zu trainieren. Dann hat ihn der Überdruss schon eingeholt. "Ich wusste nicht, dass es so langweilig ist, Trainer einer Nationalmannschaft zu sein", sagte der 52-Jährige bei einer Pressekonferenz. Schon beim kommenden Freundschaftsspiel gegen sein Heimatland Uruguay werde er nicht mehr auf der Bank sitzen.

Das zentralamerikanische Land dümpelt momentan auf Platz 44 der Fifa-Weltrangliste herum, das ist nicht Spitzenfußball, aber immerhin. Bei der WM 2014 kamen die sogenannten "Ticos" sogar bis ins Viertelfinale. Doch die Leistung der Spieler war es wohl auch nicht, was Gustavo Matosas dermaßen ermüden ließ. Der 52-Jährige gab an, den direkten Kontakt zu den Spielern zu vermissen - und keine Lust mehr auf die ganzen Videoanalysen zu haben: "Ich habe die Spieler nur alle zwei Monate, und das bringt mich um. Ich wusste nicht, dass es so hart ist."

Von wegen Wettrennen auf dem Rasen, von wegen frische Luft und Bewegung. Der Job des Nationaltrainers ist inzwischen offenbar ein fader Bürojob vor dem Bildschirm, wie ihn so viele von uns haben. Dazu passt auch diese Meldung der vergangenen Tage: Joachim Löw hat das Rauchen aufgegeben. Beim Viertelfinale der EM 2008 gegen Portugal zog der deutsche Nationaltrainer noch gut sichtbar für alle Zuschauer an den Bildschirmen nervös an einem Klimmstengel, nun konzentriert er sich lieber auf sein Fitnesstraining. Auch eine Form des Ausgleichs.

Natürlich könnte man die tägliche Langeweile im Job leicht abtun, zumal als Nationaltrainer, als welcher man recht gut bezahlt sein dürfte. Matosas erklärte dazu allerdings: Er sei nicht wegen des Geldes nach Costa Rica gekommen. Er fühle sich nicht produktiv. "Manchmal scheint es, als sei ich im Urlaub."

Und allen Hängematten und Mangoshakes zum Trotz: Zu Recht glaubt man in Costa Rica an das "pura vida" - das einfache, echte Leben. Und das hat mit Niksen und Videoanalysen eher weniger zu tun. Dafür viel mit frischer Luft.

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