Als Stenograf bei Gericht zu arbeiten, mag nicht der aufregendste Job der Welt sein. Zwar gibt es ab und zu auch spektakuläre Fälle, doch zwischendrin müssen sehr viel trockene Prozessdetails dokumentiert werden. Stundenlange Paragraphenreiterei zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft, Streit über Anträge und Verfahrensfragen. Juristisches Graubrot eben.
Daniel Kochanski, 43, Angestellter an einem Gericht im New Yorker Stadtteil Manhattan, war allem Anschein nach ziemlich frustriert von seiner Arbeit. "I hate my job" -" Ich hasse meinen Job ", den Satz tippte er bei Strafprozessen in die Tasten. Immer und immer wieder, über Jahre hinweg.
Seine Mitschriften waren Ausdruck seiner inneren Kündigung und offenbar ein totales Chaos. Sinnentleerte Satzfetzen statt nachvollziehbare Dialoge. "Es hätten Fragen und Antworten sein sollen. Doch es war einfach nur Schwachsinn", sagte der New York Post zufolge eine mit der Angelegenheit vertraute Person.
Schon 2012 flog die Sache auf, Kochanski wurde gefeuert, doch noch immer ist das Gericht damit beschäftigt, die Prozesse zu rekonstruieren. Mehrere Treffen mit Richtern wurden anberaumt, doch nach so langer Zeit können sich die meisten Beteiligten nicht mehr genau erinnern, wie die Verhandlungen damals abliefen.
30 Urteile sind wegen der fehlerhaften Aufzeichnungen möglicherweise ungültig, denn die Betroffenen können die Entscheidung des Gerichts anfechten. Zum Beispiel auch der Fall eines Betrügers, der einen Auftragskiller engagierte, um einen unliebsamen Zeugen loszuwerden.
"Ich habe noch nie einen einzelnen Gerichtsschreiber gesehen, der soviel Schaden angerichtet hat", sagte Claudia Trupp, die sich an einem Berufungsgericht mit mehreren der jetzt fraglichen Urteile beschäftigen muss.
Der alkoholkranke Stenograf verteidigt sich: "Ich habe nie Schwachsinn geschrieben und meinen Job immer zu 100 Prozent erledigt. Ich bin nur entlassen worden, weil ich abhängig bin."