Freiheitsstatue:Gib mir mein Herz zurück!

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An Frankreich zurückgeben? „Auf gar keinen Fall.“ Seit fast 140 Jahren steht die Freiheitsstatue auf Liberty Island vor Manhattan. (Foto: J. David Ake)

Ein französischer EU-Politiker fordert von den USA die Freiheitsstatue zurück – doch die lehnen ab. Ist geschenkt nicht einfach geschenkt?

Von Martin Zips

Der französische Europaabgeordnete Raphaël Glucksmann hat die USA dazu aufgefordert, die Freiheitsstatue wieder an sein Land zurückzugeben. Diese war im Jahr 1886 den Vereinigten Staaten von Amerika von Frankreich geschenkt und auf einer kleinen Insel vor der Südspitze Manhattans auf einen Sockel gestellt worden. Amerika-Reisende wissen es: Das Gedränge in ihrem Kopf ist noch größer als das in der Bavaria an der Münchner Theresienwiese während des Oktoberfests oder auf der Spitze des Pariser Eiffelturms bei Sonnenuntergang. In Paris finden sich übrigens noch einige weitere, deutlich kleinere Ausführungen der von Frédéric Auguste Bartholdi geschaffenen Freiheitsskulptur, zum Beispiel ein knapp drei Meter hohes Modell in der Halle des Musée d’Orsay.

Die eigentliche, 46 Meter hohe Miss Liberty begrüßt seit bald 140 Jahren vor allem jene, die auf dem Seeweg nach New York reisen. Für unzählige Geflüchtete war und ist sie ein Symbol der Zuversicht und des Neuanfangs. Mit dem derzeitigen Trump-Amerika, dessen Führung lieber auf Golfplätzen unter sich bleibt und Grenzen dichtmacht, hat sie freilich kaum noch etwas zu tun. Auch, wenn Trumps Sprecherin Karoline Leavitt gerade erklärte, man werde Miss Liberty „auf gar keinen Fall“ an Frankreich zurückgeben. Die Franzosen nämlich, so sagte sie, sprächen „nur dank der Vereinigten Staaten heute nicht Deutsch“. Offenbar eine gruselige Anspielung auf die Nazi-Zeit.

Aber warum sollte man ein Geschenk nicht auch zurückfordern können? So wie einen Verlobungsring oder wie spanische Unternehmer einmal eine 18-Millionen-Euro-Yacht, die sie König Juan Carlos geschenkt hatten. Ja, selbst für den deutschen Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste gilt die Rückgabepflicht – nach dem Tod des Trägers.

Dumm wäre es freilich, wenn in der Folge jetzt auch die Pippinische Schenkung von 753 nach Christus wieder rückgängig gemacht werden würde oder die Schenkung der Dreikönigsreliquien von Friedrich Barbarossa an den Erzbischof von Köln. Womöglich sogar die Schenkung des Bernsteinzimmers an Zar Peter den Großen durch König Friedrich Wilhelm I. – immerhin eine Kopie gibt es noch davon. Rückforderungen, etwa aufgrund von grobem Undank oder innerer Säuernis, bringen immer Unruhe mit sich. Ist geschenkt nicht einfach geschenkt?

In Sachen Miss Liberty jedenfalls könnte der Bau einer neuen europäischen Variante – zum Beispiel am Marsfeld vis-à-vis zum Eiffelturm – eine gute Idee sein. Dort würde sie nicht nur der (überdimensionierten) Ruhestätte Napoleons, dem Invalidendom, ein bisschen die optische Wucht nehmen. Sie könnte auch ein Zeichen gegen gefärbte Greise mit roten Schirmkappen sein, gegen Milliardäre in gepanzerten E-Limousinen sowie kalifornische Online-Händler, die sich des beliebtesten europäischen Geheimagenten, James Bond, bemächtigen.

Vor so einer neuen Freiheitsstatue, gerne auch wieder mit Fackel, könnten zum Beispiel Deutsche, die Französisch sprechen, mit Franzosen, die Deutsch sprechen, herrlich hin und her spazieren. Geliebtes Frankreich, Nachbarland! Lass uns gemeinsam eine neue Grande Dame bauen. Eine, die höher ist als jeder Trump-Tower.

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