Urteil im Freiburger Vergewaltigungsprozess:Ein gutes Zeichen, das jedoch vieles offen lässt

Einer der elf Angeklagten vor Gericht in Freiburg. (Foto: Thomas Kienzle/AFP)

Das Gericht hat die Täter einer Gruppenvergewaltigung zu Recht hart bestraft - doch wurden in dem Prozess auch einige Zerrbilder sexualisierter Gewalt gegen Frauen gepflegt. Woher kommt die Haltung, die zu der Tat führte? Ganz bestimmt nicht aus Syrien.

Kommentar von Meredith Haaf

Nur ein sehr geringer Anteil der Sexualverbrechen in Deutschland wird überhaupt vor Gericht verhandelt, und selbst wenn, kommt es nur selten zu einer Verurteilung. Insofern ist es ein gutes Zeichen, dass im Fall der Gruppenvergewaltigung einer 18-jährigen Disco-Besucherin in Freiburg bei unübersichtlicher Beweislage doch ziemlich harte Strafen begründet werden konnten.

Dieser Prozess war von Anfang an von einigen hartnäckigen Vergewaltigungsmythen begleitet. Einer davon ist das Bild des Opfers als "Schlampe", die sich durch Outfit und Alkoholkonsum erst willig zeigt und die Konsequenzen dann nicht tragen möchte. Dieses Bild hat die Verteidigung bis zum Ende forciert. Über ein anderes Zerrbild, die "marodierenden Flüchtlingshorden" und deren angeblich übliche Frauenverachtung, wurde im Zusammenhang mit Freiburg deutlich mehr diskutiert als über offensichtlichere Probleme. Zu Recht wurden einige Angeklagte wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt. Junge Menschen, auch unbeteiligte, zeigten hier eine beunruhigende Gedanken- und Verantwortungslosigkeit. Und: Vergewaltigende Männer sind ein globales und zeitloses, keineswegs ein speziell syrisches Phänomen. Warum das so ist und wie man dem beikommt - das wären die eigentlichen, aber eben auch die schwierigsten Fragen.

© SZ vom 24.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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