Französischer Ort Courbefy ist pleite:330.000 Euro für ein Dorf

In Courbefy lebt seit 2008 niemand mehr. Jetzt ist der kleine französische Ort auch noch pleite und jeder kann ihn kaufen. Interessenten gibt es bislang allerdings nicht - weder die Bank noch die Nachbargemeinde wollen das Geisterdorf. Nun hofft man auf einen ausländischen Investor.

Michael Kläsgen, Paris

Aus der Ferne könnte man es fast übersehen, das Dorf, das derzeit zum Verkauf steht. Es ist für den Preis von nur 330.000 Euro zu haben, aber trotzdem hat bis jetzt keiner zugeschlagen. Dabei thront es durchaus erhaben auf einer Anhöhe und die Besucher blicken stolz auf die umliegenden Berge, die Monts de Châlus. Der Ort liegt 40 Kilometer südwestlich von Limoges, der nächstgrößten Stadt, einst berühmt für seine Porzellanmanufaktur. Die Franzosen nennen solche Gegenden liebevoll "la France profonde", das traditionelle Frankreich.

Doch in Courbefy hat sich nicht einmal mehr die Tradition bewahrt. Seit 2008 lebt hier keine Menschenseele mehr. Die insgesamt 19 Gebäude, Häuser, Höfe und Abstellkammern stehen leer. In vielen wuchert das Unkraut. Das bisweilen unverputzte dicke Gemäuer erinnert an die Festung aus dem 13. Jahrhundert, die hier einmal gestanden haben soll.

Auch der Pferdestall ist verlassen, der Tennisplatz eine Ruine und der Swimmingpool eine Kloake. Morsche Holzschilder erinnern daran, womit die Vorbesitzer, ein Ehepaar aus der angrenzenden Region Gers, hier einmal ihr Glück versuchten: "Hotel - Restaurant" steht auf dem Wegweiser.

Bernard Guilhem, dicker Mantel, Brille auf der Nasenspitze, sagt: "Der Zustand ist eigentlich gar nicht schlecht." Ernst kann der stellvertretende Bürgermeister der Nachbargemeinde das nicht meinen. Der gemütliche Mann ist jetzt als Immobilienmakler unterwegs. So redet er auch. Es gilt, ein französisches Dorf zu verkaufen, das in Wahrheit ein Weiler ist, größer als ein Gehöft, aber kleiner als ein Dorf. Doch mit Courbefy ist das nicht so einfach. Im Deutschen heißt es zwar "Leben wie Gott in Frankreich". Doch in dieses Geisterdorf will niemand.

Vorige Woche ging die Versteigerung in Limoges in die Hose. Kein einziger Interessent meldete sich. Alle Versuche, Courbefy wiederzubeleben scheiterten. Seit den siebziger Jahren bissen sich drei Privateigner an der Ortschaft die Zähne aus. Bis 2003 diente der Ort schließlich als Kinder-Feriencamp. Für Guilhem ist klar, woran es haperte: an der Professionalität der Betreiber.

Jetzt soll das Ehepaar aus dem Gers überschuldet sein mit einer halben Million Euro. Deswegen wollen sie Courbefy loswerden. Als erstes ging das Angebot an die Gemeinde Buissière-Galant, zu der das Nest gehört. Die wollte es auch nicht. Guilhem sagt, da müsse man mindestens noch einmal den Kaufpreis hineinstecken, um etwas daraus zu machen. So viel Geld habe die Gemeinde nicht.

Vielleicht irgendwas mit Sport

Der Gläubigerbank des Ehepaares graust es angesichts der Lage. Der Crédit Agricole scheint einen Horror davor zu haben, auf dem Grundstück sitzen zu bleiben. Es wird Ende der Woche Eigentum der Bank, wenn sie bis dahin keinen Käufer findet. "Wir überlegen, wie wir das Objekt aufwerten können", sagt die zuständige Bankangestellte Natalie Tabi. Eine Idee präsentiert sie nicht. Vielleicht irgendwas mit Sport.

In ihrer Verzweiflung rühren Bank und Gemeinde jetzt die mediale Werbetrommel - mit einem Teilerfolg. Zuerst kamen wohlhabende Kaufinteressenten aus Paris mit ihren Oberklassewagen vorbei, erzählt Guilhem. Schließlich kostet das Objekt nur so viel wie eine kleine Ein-Zimmer-Wohnung im sechsten Arrondissement der Hauptstadt. Dann fuhren Gruppen junger Aussteiger aus allen Ecken Frankreichs mit schrottreifen Klapperkisten vor.

Jetzt sind die Ausländer dran. "Hier standen Porsche mit ausländischem Kennzeichen", sagt Guilhem verblüfft. Schweizer, Spanier, Briten und sogar jemand aus den Vereinigten Arabischen Emiraten würden sich für den ausgestorbenen Weiler interessieren, versichert die Bankfrau.

In der Bürgermeisterei von Guilhem klingele ununterbrochen das Telefon. Nur verkauft ist Courbefy bis jetzt immer noch nicht.

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