Die Geschichte einer schrecklichen und schrecklich traurigen, womöglich antisemitischen Tat wühlt Frankreich auf. In Courbevoie, einer Banlieue im Westen von Paris, sollen Jugendliche im Alter von zwölf und 13 Jahren ein zwölfjähriges jüdisches Mädchen vergewaltigt haben. Die Familie des Mädchens hat sofort Anzeige bei der Polizei erstattet. Die ärztlichen Untersuchungen zeigten laut Medienberichten, dass die Version des Mädchens stimmte. Die drei mutmaßlichen Täter sind inzwischen festgenommen worden und sitzen in Untersuchungshaft. Gegen zwei ist ein Verfahren eingeleitet worden; beim dritten ist die Rolle nicht klar, er muss der Justiz als Zeuge zur Verfügung stehen. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Nanterre bestätigte einen entsprechenden Bericht der Zeitung Le Parisien.
Ermittelt wird wegen des Verdachts auf Gruppenvergewaltigung einer Minderjährigen im Beisein anderer Minderjähriger, auf Gewalt aus religiösen Gründen sowie auf Verletzung der Privatsphäre: Offenbar haben die Jugendlichen die Tat gefilmt und auf sozialen Medien gepostet. Mindestens einer von ihnen hat das eingeräumt.
Alles, was man bisher über den Vorfall weiß, erfuhren die Fahnder von dem Mädchen, das mit zwölf Jahren eigentlich noch ein Kind ist. Es erzählte ihnen, es habe sich am vergangenen Samstag mit einem Freund in einem Park aufgehalten, dem Square Henri Regnault, als drei Jugendliche sie aufgefordert hätten, sie zu einem verlassenen Fabrikgebäude zu begleiten. Einer der drei soll der frühere „petit ami“ des Mädchens gewesen sein, wie die Franzosen sagen, wenn sie verliebte Jugendliche meinen. Er ist auch der Junge, der zu seiner Tat steht.
Sie habe ihm verschwiegen, dass sie Jüdin sei
Als sie in dem Hangar ankamen, sollen die Jungen die Zwölfjährige geschlagen und wegen ihrer Religion beschimpft haben. Sie sollen ihr auch mit dem Tod gedroht haben. Einer soll ein Feuerzeug an ihre Wange gehalten haben: Er werde sie anzünden, soll er gesagt haben. Dann soll sie zu sexuellen Handlungen gezwungen und anschließend von zwei Jungen mehrfach vergewaltigt worden sein. Der dritte soll die Szenen gefilmt haben.
Der frühere „petit ami“ erzählte der Polizei, das Mädchen habe ihm, als sie zusammen waren, nicht gesagt, dass es jüdisch sei. Darüber sei er sehr verärgert gewesen. Die Tat als Racheakt für ein Geheimnis unter sehr jungen Liebenden? Die Polizei untersuchte sein Handy und fand darin antisemitische Sprüche und das Bild einer brennenden Fahne Israels.
Jacques Kossowski, der Bürgermeister von Courbevoie, sprach von einer abscheulichen Tat. „Unfassbar, dass es so etwas überhaupt gibt.“ Er hoffe, dass diese „Angreifer“, egal wie alt sie seien, hart bestraft würden.
Der Schock ist ein doppelter: wegen des jungen Alters von mutmaßlichen Tätern und Opfer und wegen des offenbar antisemitischen Hintergrunds der Tat. Seit dem 7. Oktober 2023, dem Terrorangriff der Hamas in Israel, und seit Israels Gegenschlag in Gaza hat auch in Frankreich die Zahl antisemitischer Akte und Taten stark zugenommen. Frankreich ist das Land Europas, in dem je die größte jüdische und größte muslimische Gemeinde Europas lebt.