Prozess am Berufungsgericht:Brustimplantate-Skandal: TÜV trägt Verantwortung

Enferntes Brustimplantat der Firma PIP

Minderwertiges Industriesilikon könnte möglicherweise bei Hunderttausenden von Brustvergrößerungen verwendet worden sein.

(Foto: Bruno Bebert/dpa)

Im Streit um minderwertige Brustimplantate hat der TÜV Rheinland eine Niederlage erlitten: Ein Gericht in Aix-en-Provence hat eine Millionenstrafe größtenteils bestätigt.

Im Skandal um minderwertige Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) hat ein Berufungsgericht im französischen Aix-en-Provence die Verantwortung des TÜV Rheinland festgestellt. Die Richter waren der Auffassung, dass die Firma bei der Zertifizierung der PIP-Produktion ihre Pflichten verletzt habe, hieß es in einer Mitteilung. Damit bestätigt das Gericht in Teilen eine Millionenstrafe, gegen die der TÜV sich gewehrt hatte.

Allerdings erklärte das Gericht 6205 von knapp 20 000 Klagen für unzulässig, da anhand der eingereichten Unterlagen nicht sichergestellt werden könne, dass die Klägerinnen das vom TÜV zertifizierte Prothesenmodell trugen. Weiteren 13 456 Klägerinnen sprach das Gericht vorläufig 3500 Euro Schadenersatz zu und ordnete weitere medizinische Untersuchungen an.

Damit bestätigte das Berufungsgericht in weiten Teilen eine Entscheidung des Handelsgerichts von Toulon aus dem Jahr 2017. Das Gericht hatte damals den TÜV Rheinland zur Zahlung von etwa 60 Millionen Euro Schadenersatz an die ungefähr 20 000 Klägerinnen verurteilt. Der TÜV Rheinland musste den Frauen damals bereits vorläufig den Schadenersatz zahlen.

In Frankreich können sofortige Schadenersatzzahlungen auch dann angeordnet werden, wenn noch ein Berufungsverfahren läuft. Gegen den TÜV Rheinland laufen in Frankreich mehrere Verfahren - das aktuelle in Aix-en-Provence ist das größte. In einem Verfahren mit rund 400 Klägerinnen hatte das Berufungsgericht von Versailles eine Haftung des TÜV zuletzt verneint. In einem weiteren Verfahren mit etwa 2000 Klägerinnen wird eine Entscheidung im Mai erwartet.

Der inzwischen insolvente Hersteller PIP hatte jahrelang billiges Industriesilikon für seine Implantate verwendet. Die reißanfälligen Implantate könnten Schätzungen zufolge weltweit bei Hunderttausenden Frauen eingesetzt worden sein. Der TÜV Rheinland hatte das Qualitätssicherungsverfahren von PIP zertifiziert. Die Klägerinnen werfen dem TÜV deshalb Schlamperei vor. Das Unternehmen sieht sich dagegen selbst als Opfer der Täuschung von PIP.

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