Süddeutsche Zeitung

Flugzeugkatastrophe in Madrid:Fünftes deutsches Todesopfer identifiziert

Lesezeit: 3 min

Die Identität des fünften deutschen Todesopfers des Flugzeugunglücks von Madrid ist laut spanischer Regierung nun zweifelsfrei geklärt. Es handelt sich um eine Frau.

Die spanische Regierung hat eine umfassende Aufklärung der Umstände zugesagt, die zu dem schweren Flugzeugunglück mit 153 Toten auf dem Flughafen in Madrid führten. "Es wird alles getan, um festzustellen, was die Ursachen der Katastrophe waren und wer dafür verantwortlich war", sagte Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero nach Medienberichten.

Eine Linienmaschine der spanischen Gesellschaft Spanair war am Mittwoch unmittelbar nach dem Start auf dem Flughafen Madrid-Barajas abgestürzt. Nur 19 der 172 Insassen überlebten schwer verletzt.

Fünf deutsche Todesopfer?

Bei dem Unglück sind fünf Deutsche ums Leben gekommen.

Die spanische Regierung sprach am Donnerstagabend erstmals entsprechende Informationen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes vom Freitag korrigierten die spanischen Behörden eine Liste mit Opferzahlen. Es gebe eine fünftes deutsches Todesopfer in Madrid. Die Identität der Person ist laut spanischer Regierung zweifelsfrei geklärt. Wie Sprecher Jorge Rubio in Madrid sagte, handele es sich um eine Frau. Ihr Name fehle jedoch aus bisher nicht geklärten Gründen auf der Passagierliste der Fluggesellschaft. "Wir werden das nun überprüfen", kündigte Rubio an

Darüberhinaus befinde sich möglicherweise ein Frau mit deutsch-spanischer Doppelstaatsbürgerschaft unter den Opfern, bestätigte Rubio. Die spanische Tageszeitung Las Noticias hatte am Donnerstag in ihrer Onlineausgabe von einer 38-jährigen, in Spanien geborenen Frau deutscher Abstammung berichtet. Rubio bestätigte, dass ihr Vater Deutscher sei und dass die Frau bei der Guardia Civil im nordspanischen Burgos arbeitete.

Bei den vier deutschen Opfern, von denen zuvor ausgegangen wurde, handelt es sich offenbar um eine Familie aus Pullach bei München. Die Eltern und ihre beiden Söhne wollten mit dem Unglücksflieger auf die Ferieninsel Gran Canaria.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung handelt es sich dabei um den 50-Jährigen Gerd M., seine 38-jährige Frau Claudia und die Söhne Lucas und Niklas, die acht und fünf Jahre alt sind.

In dem Pullacher Haus der Familie wohnen auch die Großeltern. Sie werden von einem örtlichen Seelsorger betreut.

Vor dem weißen Haus mit den blaugrauen Fensterläden hatten sich am Donnerstag bereits etliche Reporter und Kamerateams versammelt. Helfer schirmten die Angehörigen ab. "Wir wissen, dass die Großeltern betreut sind und zunächst unter sich bleiben möchten", sagte der Pullacher Bürgermeister Jürgen Westenthanner (CSU) am Donnerstag. "Wir werden der Familie natürlich jede mögliche Hilfe anbieten - schnellstmöglich und unbürokratisch."

Unklar ist aber noch immer, ob die Familie aus der 9000-Einwohner-Gemeinde wirklich in der Maschine saß - bisher haben sich die vier aber nicht in der Heimat gemeldet.

Fest steht bisher, dass die Familie am Mittwoch für den Flug nach Gran Canaria eincheckte. Ein Lufthansa-Sprecher bestätigte dies, betonte aber, es sei noch unklar, ob die vier Pullacher auch an Bord waren. Die McDonnell Douglas MD-82 war unter den Flugnummern JK 5022 und LH 2554 registriert. Die spanische Gesellschaft Spanair gehörte wie die Lufthansa zum Airline-Verbund Star Alliance.

Identifizierung noch nicht abgeschlossen

Die Unglücksmaschine sollte am Mittwoch um 13 Uhr starten, nach einer Überprüfung wegen technischer Probleme wurde der erste Start verschoben. Dann raste das Flugzeug beim zweiten Startversuch gegen 14.45 Uhr über die Landebahn hinaus und ging in Flammen auf. Spezialisten des Bundeskriminalamtes (BKA) sollen bei der Identifizierung der Opfer helfen und sind unterwegs nach Spanien.

Die spanischen Behörden hatten deshalb bei den deutschen Kollegen um genetisches Vergleichsmaterial der Familie gebeten. Beamte des Polizeipräsidiums München waren bereits in dem Haus in Pullach, um DNA-Spuren zu sichern, bestätigte ein Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) sueddeutsche.de. Das Material wird nun ausgewertet.

Dem LKA zufolge werden bei dem Spurenabgleich nach einem internationalen standardisierten Verfahren 16 charakteristische Werte in Zahlencodes erfasst. Diesen Code wiederum leiten die Beamten nach Spanien weiter. Wann für Angehörige und Freunde endlich Klarheit herrschen wird, ist vorerst jedoch noch nicht absehbar.

Eine Freundin der Pullacher Familie wollte nach SZ-Informationen noch am Donnerstag nach Spanien fliegen und womöglich bei der Identifizierung der Opfer helfen. Die Experten indes hoffen, das DNA-Material bis Samstag soweit vorbereitet zu haben, dass es nach Spanien weitergegeben werden kann. Dort sei die weitere Arbeit Sache der spanischen Behörden, sagte LKA-Sprecher Ludwig Waldinger. Nach Angaben des Roten Kreuzes in Madrid wird sich die Identifizierung der Opfer insgesamt über mehrere Tage hinziehen.

Untersuchung der Absturzursache

In Spanien nahm unterdessen eine Expertenkommission die Untersuchungen zur Absturzursache auf. Die spanische Behörde für Zivilluftfahrt äußerte die Vermutung, dass das Auseinanderfliegen eines Triebwerks den Absturz ausgelöst haben könnte. Von dem defekten Triebwerk könnten sich Teile gelöst haben, die "wie Geschosse" umhergeflogen seien, sagte ein Sprecher.

Dadurch könnten das Ruder und das andere Triebwerk beschädigt worden sein und die Piloten die Kontrolle über das Flugzeug verloren haben. Die spanische Regierung ordnete für das ganze Land eine dreitägige Trauer für die Opfer an.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.701080
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/dpa/grc/woja/aho
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.