Teheran:Wohl doch keine deutschen Passagiere an Bord der Unglücksmaschine

Lesezeit: 3 min

  • Beim Absturz einer Passagiermaschine in Iran sind mehr als 170 Menschen ums Leben gekommen.
  • Die Boeing 737-800 war auf dem Weg in die ukrainische Hauptstadt Kiew und soll kurz nach dem Abflug in Brand geraten und auf ein Feld gestürzt sein.

Die Bilder, die von den Nachrichtenagenturen wenige Stunden nach dem Unglück verbreitet werden, zeigen Rettungskräfte, die zwischen Triebwerkstrümmern ihre Arbeit machen. Am Rande eines Feldweges nahe des Teheraner Vorortes Parand sind etliche Leichensäcke aufgereiht. Das Flugzeug muss in sehr viele Einzelteile zerbrochen sein, so der erste Eindruck.

Bereits kurz nach dem Start in der iranischen Hauptstadt ist die Passagiermaschine der Fluggesellschaft Ukraine International Airlines abgestürzt. Schnell wird am Donnerstagvormittag klar: Niemand hat dieses Unglück überlebt. 176 Menschen waren an Bord, darunter neun Besatzungsmitglieder. Die meisten Toten sind iranische und kanadische Staatsbürger. Auch drei Deutsche kamen ums Leben, sagte der ukrainische Außenminister Wadim Pristaiko. Das Auswärtige Amt in Berlin widersprach jedoch: "Wir haben derzeit keine Erkenntnisse, nach denen sich deutsche Staatsangehörige unter den Opfern des Flugzeugabsturzes in Iran befinden."

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Die beiden Blackboxen, also den Stimmenrekorder und den Flugdatenschreiber, finden die Rettungskräfte rasch zwischen den Trümmern. Wie die zuständige Staatsanwaltschaft sagt, werden sie nun von Flugunfallexperten untersucht.

Flug PS752 war laut Plan um 5.25 Uhr Ortszeit (2.25 Uhr MEZ) von Teheraner Flughafen gestartet und hätte gut vier Stunden später in Kiew landen sollen. Den iranischen Behörden zufolge hatte sie nach dem Start bereits eine Höhe von 2400 Metern erreicht, als es zum Unglück kam.

Flugzeugabsturz in Iran
:Die Trümmer der Unglücksmaschine

Mehr als 170 Menschen sind bei einem Flugzeugabsturz nahe Teheran ums Leben gekommen. Ursache war wohl ein technischer Defekt an der Maschine.

Warum die Maschine der Ukraine International Airlines in das Feld krachte, ist völlig unklar. Der Vorfall fällt mit der politisch angespannten Situation in dem Land zusammen. Nach der gezielten Tötung des iranischen Generals Soleimani hat sich der Konflikt zwischen der iranischen und der US-amerikanischen Regierung dramatisch zugespitzt. Nur Stunden vor dem Absturz der Maschine hatte es einen iranischen Vergeltungsangriff auf US-Stützpunkte im Irak gegeben. Kurz nach den iranischen Raketenangriffen hatte die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA US-Flugzeugen die Nutzung des Luftraums in Teilen des Nahen Ostens untersagt. Über dem Persischen Golf, dem Golf von Oman, im Irak und in Iran dürften in den USA registrierte Flugzeuge "wegen erhöhter militärischer Aktivitäten und steigender politischer Spannungen" nicht mehr operieren. Es gebe ein erhöhtes Risiko, dass ein Flugobjekt falsch identifiziert werde.

Spekulationen über die Ursache

Terrorismus oder ein Abschuss seien nicht die Ursache des Absturzes, hieß es sehr rasch von offiziellen iranischen Stellen. Die Luftfahrtbehörde sprach von einem Brand im Triebwerk, der das Flugzeug zu Boden gebracht habe. Iranische Medien zitieren außerdem eine Quelle, die sagte, dass der Pilot keinen Notruf abgesetzt habe.

Die ukrainische Botschaft in Iran hatte zunächst ebenfalls von einem Triebwerksdefekt gesprochen, diese Einschätzung jedoch später als "nicht offiziell" zurückgezogen. Die Ursache sei ungeklärt hieß es sodann.

Der Präsident der Airline, Jewgeni Dychne, ringt mit Worten, als er in Kiew vor Journalisten tritt. "Es war eines unserer besten Flugzeuge, mit einer ausgezeichneten zuverlässigen Mannschaft", sagt er sichtlich bewegt. Die Maschine sei erst seit 2016 im Einsatz und erst am Montag überprüft worden - ohne Probleme, wie die Fluggesellschaft beteuert. Auch Unfallforscher Jan-Arwed Richter vom Hamburger JACDEC-Flugsicherheitsbüro bestätigt, dass die abgestürzte Maschine relativ neu war und noch keine Vorbesitzer hatte.

Ukraine International Airline, die 1992 gegründet wurde und seither noch kein Unglück mit Todesfall hatte, verfügt über eine Flotte von etwa 40 Flugzeugen, ein Großteil macht das Muster Boeing 737-800 aus, ein mit zwei Triebwerken angetriebener Kurz- und Mittelstreckenjet, der unter Fluggesellschaften auf der ganzen Welt verbreitet ist und sehr häufig eingesetzt wird.

Zuverlässiges Triebwerk

Die 737-800 ist zwar eine recht moderne Variante der 737, aber nicht zu verwechseln mit der Boeing 737 Max, die nach zwei folgenschweren Abstürzen mit weltweiten Flugverboten belegt wurde.

Die 737-800 wird von zwei Triebwerken vom Typ CFM56 angetrieben. Sie werden vom Hersteller CFM International produziert, einem Konsortium aus dem US-amerikanischen Unternehmen GE und dem französischen Luftfahrtunternehmen Safran. Das CFM56 gilt, wenn es gemäß der Vorschriften gewartet wird, als sehr zuverlässiges Triebwerk.

In Kiew ist nach dem Absturz ein Krisenstab einberufen worden. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij zeigte sich erschüttert und brach seinen Aufenthalt in Oman ab. "Schreckliche Nachrichten aus dem Nahen Osten", schrieb er am Mittwochmorgen bei Facebook. "Mein aufrichtiges Beileid an die Familien und Freunde aller Passagiere und Besatzungsmitglieder." Nach Angaben Selenskijs will die ukrainische Botschaft in Iran nun alle Informationen über die Umstände "der Tragödie" zusammentragen. "Ich bitte alle sehr, von Spekulationen und der Verbreitung ungeprüfter Versionen zur Katastrophe bis zur Veröffentlichung offizieller Informationen Abstand zu nehmen", schrieb er am Mittwoch bei Facebook.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach allen Menschen, die Angehörige bei dem Absturz verloren haben, ihr "tiefstes Beileid" aus. Es sei jetzt die Aufgabe von Flugsicherheitsfachleuten, die Ursachen des Absturzes zu untersuchen und so Antworten zu der schrecklichen Tragödie zu geben.

© SZ.de/AP/dpa/Bloomberg/mxm/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Krise in Nahost
:Iran greift US-Ziele im Irak an

Zwei Militärbasen werden von Raketen getroffen. Über mögliche Opfer gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Ajatollah Ali Chamenei spricht von einem "Schlag ins Gesicht" für die USA.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: