Süddeutsche Zeitung

Sechs Monate ohne jede Spur von Flug MH370:Chronologie eines Verschwindens

Ein halbes Jahr ist mittlerweile vergangen, seit die Boeing-777 der Malaysian Airlines vom Radarschirm verschwand. Bis heute ist kein einziges Wrackteil aufgetaucht. Verlauf eines Mysteriums.

Von Julian Dorn

Am 8. März bestiegen 239 Passagiere in Kuala Lumpur die Boeing 777-200 der Malaysian Airlines mit dem Ziel Peking. Doch sie sollten dort nie ankommen. "Good Night, Malaysia Three Seven Zero" - das waren die letzten Worte des Piloten aus dem Cockpit des Fluges MH370. Etwa eineinhalb Stunden nach dem Start bricht der Funkkontakt zur Maschine ab. Trotz hochmoderner Satellitentechnik gibt es auch etwa sechs Monate nach dem Verschwinden keine Spur von der Maschine und ihren Insassen.

8. März: Pünktlich um 0:41 Ortszeit (MEZ 17:41 Uhr) hebt der Flug MH370 der Malaysian Airlines in Kuala Lumpur ab. Ziel der Boeing 777-200 mit 227 Passagieren und zwölf Crew-Mitgliedern an Bord ist Peking. Gegen 01:30 Uhr bricht der Funkkontakt zum Flugzeug ab. Die letzte Position wird über dem Ozean auf halber Strecke zwischen Malaysia und Vietnam geortet. Obwohl kein Notsignal abgegeben wurde, wird bald von einem Absturz der Maschine ausgegangen. Verzweifelte Angehörige bangen auf Pekings Flughafen um ihre Familienmitglieder. Eine großangelegte Suchaktion beginnt.

9. März: Hinweise häufen sich, dass die Maschine wieder umgekehrt sei. Daraufhin wird das Suchgebiet erweitert. Auch die USA beteiligen sich an dem Sucheinsatz. Vietnamesische Flugzeuge sichten ein vermeintliches Rettungsboot auf offener See.

10. März: Schnell weicht die Hoffnung der Ernüchterung: Das Rettungsboot erweist sich als Abdeckung einer Kabelrolle, die nicht vom Flugzeug stammte. Die USA teilen mit, dass Aufklärungssatelliten derweil keine Anhaltspunkte für eine Explosion der Boeing erbracht hätten. Auch eine Entführung der Maschine wird nicht mehr ausgeschlossen.

11. März: Gerüchte für einen terroristischen Hintergrund werden durch die Veröffentlichung von Bildern einer Überwachungskamera angeheizt: Zwei Iraner sollen mit Hilfe gestohlener Pässe Tickets für den Flug gekauft haben und befanden sich an Bord. Ermittler wiegeln jedoch ab und erklären, dass die Iraner lediglich versucht hätten, möglichst einfach und ohne Visa nach Europa zu reisen und nur zufällig in der Maschine gewesen seien. Ersten Erkenntnissen zufolge wollte der Jüngere seine Mutter in Frankfurt besuchen. Verschiedene Medien mutmaßen unterdessen, dass das Flugzeug seinen Kurs gen Westen verändert habe.

12. März: Diese Vermutung scheint sich zu bestätigen: Das malaysische Militär hat etwa 45 Minuten nach dem letzten Funkkontakt eine Maschine über der nördlichen Straße von Malakka westlich von Malaysia auf dem Radar geortet. Das Areal liegt hunderte Kilometer von der letzten Ortungsstelle im Nordosten von Malaysia entfernt. Abermals wird das Suchgebiet ausgedehnt. Hinweise auf eine Entführung oder Sabotage verdichten sich.

15. März: Nach dem letzten Radarkontakt kurz nach dem Start sei die Boeing 777-200 noch sieben Stunden weitergeflogen, sagt der malaysische Ministerpräsident Najib Razak auf einer Pressekonferenz. Die Ermittlungen nehmen wieder die Passagiere und Besatzung in den Fokus. Fahnder durchsuchen daraufhin das Haus des 53 Jahre alten Piloten Zaharie Ahmad Shah in Kuala Lumpur. Zu den Ergebnissen schweigen die Beamten.

19. März: Die Verzweiflung, aber auch der Unmut über die malaysische Informationspolitik wachsen: Chinesische Angehörige drohen jetzt mit einem Hungerstreik. Die Suche nach dem verschwundenen Passagierflugzeug ist mittlerweile auf China ausgedehnt worden.

20. März: Medienberichten zufolge sollen Fischer über einer abgelegenen Insel der Malediven am 8. März ein sehr tief fliegendes Flugzeug gesichtet haben. Die Regierung der Malediven dementiert. Unterdessen gerät der Pilot Zaharie Ahmad Shah erneut ins Zentrum der Ermittlungen: Auf dem Flugsimulator in seinem Haus in Kuala Lumpur sind erst im Februar nicht näher genannte Datensätze gelöscht worden. Nun wird versucht, die Daten wiederherzustellen.

21. März: Durchbruch bei den Ermittlungen? Bei der Auswertung von Satellitenbildern sollen Trümmerteile des Malaysia-Airlines-Flugzeugs gesichtet worden sein - eines der Stücke sei etwa 24 Meter, das zweite fünf Meter lang. Französische und chinesische Satellitenaufzeichnungen scheinen die Funde zu bestätigen. Die Suche konzentriert sich nun auf ein etwa 2000 Kilometer von der australischen Westküste entferntes Gebiet im südlichen Indischen Ozean.

24. März: Der malaysische Ministerpräsident erklärt, dass es wohl keine Überlebenden gebe. Laut neuer Satellitendaten sei MH370 über dem südlichen Indischen Ozean abgestürzt. Doch vom Wrack fehlt weiterhin jede Spur.

26. März: Satellitenbilder der Airbustochter "Airbus Defence and Space", die am 23. März aufgenommen worden sind, zeigen 122 Teile mit einer Länge von bis zu 23 Metern. Sie stammen aus einem bekannten Suchradius: Etwa 2000 Kilometer vor der westaustralischen Stadt Perth. Bei der anschließenden Bergung stellen sich die angeblichen Trümmerteile jedoch als Fischfangreste oder Müll heraus. Die Suche konzentriert sich nun auf die Blackbox, deren Ortungssignal jedoch bald verstummen wird. Für die Ermittler ist es ein Wettlauf gegen die Zeit.

27. März: Ein chinesisches Suchschiff hat ein "pulsierendes Signal" im Indischen Ozean aufgefangen. Ob es sich tatsächlich um die Blackbox von MH370 handelt, kann jedoch nicht festgestellt werden.

10. April: Es ist der bisher konkreteste Hinweis auf MH370: Experten haben neue Signale aus der Tiefe des Meeres geortet, nur 40 Kilometer von einander entfernt. Jetzt hoffen sie, bald Mini-U-Boote einsetzen zu können.

14. April: Nachdem keine Signale der MH370 mehr empfangen werden konnten, wird die Suche nun auf den Meeresgrund verlagert. Die "Bluefin-21", ein unbemanntes U-Boot, soll dabei helfen.

29. Mai: Auch "Bluefin" kann die in das Mini-U-Boot gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen: Nach wochenlanger Suche ist die Mission des unbemannten Vehikels im Indischen Ozean beendet - ohne Ergebnis. Die Signale, auf die sich das Bergungsteam gestützt hatte, stammten nicht von dem verschollenen Passagierflugzeug.

4. Juni: Australische Wissenschaftler haben Daten von Aufzeichnungsgeräten ausgewertet. Ein Signal könnte demnach darauf hindeuten, dass die verschollene Malaysian Airlines-Maschine Tausende Kilometer vom festgelegten Suchkorridor entfernt abgestürzt ist.

26. Juni: Die Suche wird erneut in einen südlich gelegeneren Bereich verlagert.

18. August: Jetzt soll ein Tauchgerät des Kieler Geomar-Instituts neue Erkenntnisse liefern: Der "Side Scan Sonar" soll bei einer erneuten Suche ab September im Meer vor Australien eingesetzt werden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2112358
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/jdo/leja/jst
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.