Florida:Schneeschuppen überall

Florida: Suchbild mit Schnee: Panik in Florida wegen 0,25 Zentimetern.

Suchbild mit Schnee: Panik in Florida wegen 0,25 Zentimetern.

(Foto: Bob Self/AP)

Zum ersten Mal seit 29 Jahren fallen ein paar Schneeflöckchen im "Sunshine State" Florida, nach offizieller Messung ganze 0,25 Zentimeter. Die Regierung tut, was nötig ist: Sie lässt Straßen sperren und ruft den Notstand aus.

Von Titus Arnu

Schnee kann furchtbare Folgen haben. Im Science-Fiction-Film "Snowmageddon" nimmt ein Junge eine Schneekugel in die Hand. Er lässt die Flocken wirbeln, daraufhin bricht in der realen Welt eine Apokalypse los: Stürme, Erdbeben, Lawinen, Eisgeschosse, Blitze. Warum? Wie? Und was soll das? Diese Fragen lässt der Film aus dem Jahr 2011 unbeantwortet. Er ist so schlecht, dass Zuschauer erschauern. Das Feuilleton zählt ihn zu den katastrophalsten Katastrophenfilmen.

Man weiß nicht, wer diesmal in den USA mit so einer Zauberschneekugel herumgespielt hat; die Folgen sind nicht ganz so dramatisch wie in dem unverfrorenen Film. In Tallahassee, der Hauptstadt des Bundesstaats Florida, hat es geschneit. Erstmals seit 29 Jahren. Schnee im Sunshine State, Schock! Die Regionalregierung rief den Notstand aus. Eine "Hölle aus Feuer und Eis" ist jedoch nicht zu erkennen: Der Weather Channel berichtete, Tallahassee sei von einer "feinen Schneeschicht" überzogen. Wobei "Schicht" hier heißt: die Flocken bedeckten den Asphalt nicht ganz, es sieht eher aus wie Schuppen auf einem Sakko. Meteorologen maßen 0,25 Zentimeter.

Ziemlich dünn für einen Notstand, doch im Norden Floridas wurden mehrere Straßen gesperrt, auf Twitter brach eine Kommentarlawine los, Einwohner von Tallahassee posteten Fotos von zwergenhaften Schneemännern.

Eigentlich ist es ja nur ein physikalischer Vorgang. Schnee entsteht, wenn sich feine Wassertropfen in der Luft an Staubteilchen anlagern und gefrieren. Je nach Temperatur und Niederschlagsmenge bilden sich daraus feinere oder dickere Flocken. "Schnee zeigt sich als komplexes Material, das sich ständig verändert", erklären Experten vom Schneeforschungsinstitut Davos. Diese Veränderung heißt Schneemetamorphose. Besonders erstaunlich ist die Metamorphose, wenn Schneeflocken auf Gegenden treffen, wo man sie nicht erwartet: Jerusalem, Dubai, Sahara, Tallahassee. Die Landung von Flocken an solchen Orten sorgt stets für dieselbe Gefühlsmetamorphose: Begeisterung, Staunen, Panik.

Im Februar 2015 fegte ein Blizzard über Israel hinweg. Der Verkehr brach zusammen, Geschäfte und Behörden machten dicht, noch bevor eine einzige Flocke gefallen war. 2016 schneite es in der algerischen Sahara, die roten Dünen waren weiß gesprenkelt. 2005 führten Schneefälle in der Zentralsahara sogar zu schneebedingten Verkehrsunfällen.

In Tallahassee waren für die Tage nach dem Schneefall wieder Temperaturen von über zehn Grad Celsius angekündigt, in Miami fast 20 Grad. Andernorts aber bleibt der Schnee wohl noch eine Weile liegen: In Erie, Pennsylvania, fielen kurz vor Neujahr in zwei Tagen 165 Zentimeter Schnee, nationaler Rekord. Die Behörden riefen (zu Recht) den Notstand aus. Auf der Liste der schneereichsten Orte der Welt wird Erie trotzdem nicht landen.

Die schneereichste Region überhaupt liegt in Japan, auf der Westseite der Hauptinsel Honshu. An den Dreitausendern der japanischen Alpen fallen 30 bis 38 Meter Neuschnee pro Winter. Trotzdem redet dort keiner von "Snowmageddon". Die Gegend heißt Yukiguni, Schneeland.

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