SZ-Kolumne "Bester Dinge":Verschossene Schönheiten

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(Foto: Dietmar Nill/imago)

Fledermäuse mögen die Nähe des Menschen, doch der fürchtet sie als Blutsauger und Virenschleudern. Jetzt soll alles besser werden.

Von Joachim Käppner

Die Liebe kann sehr einseitig sein. Das gilt auch für die zwischen Mensch und Tier. Hund und Halter lieben einander bis zu dem Punkt, an dem sie sich immer ähnlicher werden. Menschen lieben Katzen sehr, diese erwidern die Gefühle indessen eher dann, wenn sie ihr Kitekat möchten. Hier ist man schon etwas näher an der einseitigen Liebe, und gänzlich gilt diese für Menschen und Fledermäuse.

Erstaunlicherweise sucht die Fledermaus die Nähe des Menschen geradezu. Familienweise richtet sie sich in seinen Dachböden ein und, wenn die dann zum Loft für 28 Euro den Quadratmeter luxussaniert werden, wenigstens in seinen Kirchtürmen, Ställen und Scheunen. Gern flattert sie nachts durch Höfe und Gärten, manchmal zum Greifen nah, als wolle sie kurz grüßen.

Und wie wird es ihr gedankt? Aus Sicht der kleinen Säuger muss es sich anfühlen wie in John Henry Mackays traurigem Liebespoem: "So wird es kommen, so kommt es gewiss / Es naht die Nacht und die Finsternis. Wir stehen beide am Scheidewege / Stumm gehen des Herzens schmerzliche Schläge." Der Mensch will von der Fledermaus nichts wissen, schlimmer noch: Er hält sie für einen Vampir (nur weil einige der kleinen Freunde in Südamerika ein klein bisschen Blut saugen), für den Begleiter des Grafen Nosferatu, beschimpft sie als Virenschleuder (Sars! Ebola! Corona!); fällt ihre Bäume, reißt die alten Häuser mit den gemütlichen Winterschlafwinkeln ab.

Aber jetzt wird alles besser: Am Wochenende, 27. und 28. August, ist wieder Batnight! Die Internationale Fledermausnacht 2022 lehrt uns verdienstvollerweise, welch liebenswerte Gesellen sich hinter dem, zugegeben, gewöhnungsbedürftigen Aussehen der Tiere verbergen. Wie man ein fledermausfreundliches Haus baut, hitzegeschädigte Jungtiere aufpäppelt und den Bat-Detektor bedient, mit dessen Hilfe sich, wie die Veranstalter werben, "die Schönheiten der Nacht" besser sehen lassen. Bei aller Liebe: Um Fledermäuse so zu nennen, muss man schon ziemlich verschossen sein.

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