Ein aggressiver Bussard hält derzeit die Bewohner des beschaulichen 1300-Einwohner-Örtchens Flamstead in der englischen Grafschaft Hertfordshire auf Trab. Der Vogel greift ohne erkennbaren Grund Menschen an, es hat Verletzte gegeben. Ein Dorfbewohner sagte dem Guardian, eine solche Attacke fühle sich an, als würde man „von einem Fußball am Kopf getroffen“. Laut einem BBC-Bericht hat das Tier einem 91-Jährigen bereits zweimal den Hut vom Kopf gerissen. Tim Parsons, Vorsteher des Gemeinderats, hofft, dass die Situation bald ohne weiteres Blutvergießen beendet werden kann.
SZ: Mr. Parsons, wann wurde der Bussard zum ersten Mal in Flamstead gesichtet?
Tim Parsons: Ungefähr vor vier Wochen. Zunächst war er ganz friedlich. Er hat Lederschnüre an den Beinen, was bedeutet, dass er in Gefangenschaft aufgezogen worden sein muss, aber bisher hat sich sein Besitzer nicht gemeldet.
Und wann wurde er aggressiv?
Der erste dokumentierte Angriff erfolgte vor zwei Wochen. Es gibt eine Aufnahme einer Türklingel-Sicherheitskamera, die zeigt, wie der Vogel auf den Kopf des Hausbesitzers herabstößt. Innerhalb der folgenden Woche gab es dann ungefähr 20 weitere Angriffe, bei denen der Bussard Leuten seine Krallen in den Nacken geschlagen hat. Er kommt immer von hinten, immer völlig lautlos. Ein paarmal ist Blut geflossen.
Wer sind die Opfer dieser Angriffe?
Das Seltsame ist, dass der Bussard bisher ausschließlich relativ groß gewachsene Männer attackiert hat. Die Leute hier sind jetzt schon vorsichtiger geworden, wenn sie vor die Tür gehen. Ich selbst drehe mich auch immer mal wieder um und schaue nach oben.
Gibt es eine Erklärung für dieses Verhalten?
Die plausibelste Theorie scheint mir zu sein, dass es ein Weibchen ist, das irgendwo ein Nest hat und es jetzt verteidigt. Vielleicht strahlen Männer die größte Gefahr aus.

Was sind eigentlich die Aufgaben des Parish Council, dem Sie vorstehen?
Das Parish Council ist ein lokaler Gemeinderat mit recht wenigen Befugnissen. Wie achten darauf, dass Rinnsteine sauber und Fußpfade begehbar sind, solche Sachen.
Fällt ein Bussard auch in Ihren Zuständigkeitsbereich?
Eigentlich nicht. Wir wissen gar nicht genau, wer zuständig ist. Derzeit arbeiten wir viel mit der Polizei zusammen, sie koordiniert jetzt alle Aktivitäten. Die Leute im Dorf habe ich gebeten, nicht alle möglichen Tierschutzorganisationen und Zoos anzurufen, die sich dann unabhängig voneinander hier melden, das wird alles zu viel.
Und wer kümmert sich jetzt um den Bussard?
Wir haben einen Falkner, der in der Nähe von Flamstead lebt und jetzt versucht, das Vertrauen des Vogels zu gewinnen. Das Problem ist, dass manche wohlmeinenden Bürger sich Sorgen um das Wohlergehen des Bussards machen und Fleisch für ihn auslegen. Deshalb ist er selten richtig hungrig und es wird viel schwieriger, ihn anzulocken. Als Parish Council schreiben wir einzelne Dorfbewohner in den Bereichen an, in denen der Bussard besonders aktiv ist, und bitten sie, ihn nicht zu füttern. Aber ich bin mir nicht sicher, ob alle diesen Brief gelesen haben. Außerdem reisen auch noch selbsternannte Experten mit langen Stangen an, zwischen denen Angelschnur gespannt ist, und versuchen, das Tier einzufangen. Das verzögert die Arbeit unseres Falkners.
Das Ziel ist es aber, den Vogel einzufangen?
Ja, aber sachgemäß. Unser Falkner hatte ihn einmal schon fast in seiner Köderstation, aber dann sprang irgendein Idiot mit Kamera über eine Hecke und verscheuchte ihn wieder. Wir möchten diesen Bussard möglichst bald fangen, bevor er jemanden ernsthaft verletzt oder ein Haustier reißt. Das ist durchaus denkbar, diese Vögel können ausgewachsene Feldhasen erlegen. Dann würden wahrscheinlich Stimmen laut, die fordern, ihn abzuschießen, und das wäre doch furchtbar. Er handelt ja nur aus Instinkt – und es ist so ein prächtiges Tier!
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