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Film-Intros:Kein Tataaa mehr, nur ein Klingelton

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Einst Intro mit Fanfaren, jetzt Sekunden-Video: Nach der Übernahme durch Disney droht dem "20th Century Fox"-Filmlogo die künstlerische Bedeutungslosigkeit.

Von Martin Zips

Ein komplettes Stockwerk haben sie aus dem berühmten 20th-Century-Fox-Intro entfernt. Nun steht da nur noch "20th Television". So macht man aus einem Big Mac einen Hamburger.

Das hat mit dem Mediengiganten Disney zu tun, welcher das Studio "CentFox" 2019 für mehr als 71 Milliarden Dollar gekauft hat. Schon bald sollen etwa die "Simpsons" oder "Family Guy" mit neuem Logo zu sehen sein, heißt es in einer Disney-Erklärung. Das könnte das Ende des einst so leuchtenden Erkennungszeichens sein, aus dem - laut Variety war das eine der Bedingungen des Deals - der Name "Fox" gestrichen wurde. Der ist nun allein der Konkurrenz vorbehalten.

In den Hochphasen des Kinos leuchteten im 20th Century-Fox-Signet bis zu sieben Scheinwerfer, zwei senkrecht nach oben weisende und fünf bewegliche, manchmal leuchteten sie sogar bunt. Dazu erschallten in den Jahren 1935 bis 1953 vor Filmen wie "Früchte des Zorns" oder "Das Wunder von Manhattan" knapp zwölf Sekunden lang die berühmten Fanfaren. Später, in der beginnenden Cinemascope-Ära, sogar bis zu 30 Sekunden. Im "20th Television"-Intro sind es gerade mal drei Sekunden. Einen Video-Überblick mit sämtlichen Variationen finden Sie hier)

Von 1994 an flog gar die Kamera über den ursprünglich vom französischen Landschaftsmaler Emil Kosa junior (1903-1968) entworfenen, von da an auffallend dreidimensionalen sand-goldenen Art-Deco-Schriftzug. Computeranimiert, natürlich. Hinten sah man von nun an die Hügel Hollywoods und noch viele weitere Gebäude, von denen aus ebenfalls strahlendes Licht in den Himmel geschickt wurde. Das hatte zwar immer etwas von Fliegerangriff und Flakabwehr, sollte aber hier für die Botschaft stehen: Schaut, wir sind die Traumfabrik! Und mit unserer "Stairway to Heaven" holen wir Euch die Sterne vom Himmel. Stars, von denen ihr dann träumen könnt. "Titanic", "Avatar" - all das war 20th Century Fox.

Aus einem Meisterwerk wurde ein Klingelton

Doch nichts war das Intro ohne die von Hausmusiker Alfred Newman (1900-1970) komponierte, packende Musik. Die gibt es zwar bis jetzt auch noch in der Drei-Sekunden-Version, allerdings scheinen die Bläser jede musikalische Leidenschaft und Eleganz verloren zu haben. So wurde aus einem Meisterwerk ein Klingelton.

Und dann ist noch etwas Interessantes ist passiert: Changierte anfangs der Himmel hinter den Buchstaben zwischen Schwarz und Dunkelblau, so zogen 2009 bereits erste Wolken auf - zumindest Abendwölkchen, flirrend und rosa. Inzwischen sind diese sich bedrohlich türmenden, gelb-braunen Gewitterwolken gewichen. Ja, zieht denn da ein Wetter auf?

Immerhin darf das bisherige Intro in den alten Produktionen bleiben. Und das ist schon wichtig, denn genauso wie der brüllende Löwe von Metro-Goldwyn-Mayer oder der sich ins nächste Abenteuer von Indiana Jones überblendende Paramount-Berg, genauso wie der sich permanent erleichternde Tobis-Hahn oder die hüpfende Pixar-Lampe, bildet das alte 20th-Century-Fox-Intro die eigentliche Ouvertüre zu zahlreichen Klassikern. Noch vor dem Vorspann weckt es - ähnlich wie Disneys Zauberschloss oder der schlichte Namenszug "Alamode" - allergrößte cineastische Erwartungen und Erinnerungen an Kinowunder aus einer Zeit vor Corona.

Gut, manche Intros - wie das bitter an Harvey Weinstein erinnernde "Miramax"-Signet - gehen heute überhaupt nicht mehr. Viele andere aber machen schlicht glücklich. So wie das Intro des 1919 gegründeten Filmverleihs "United Artists". Ob danach wohl "Die Reifeprüfung" beginnt?"Der Stadtneurotiker"? Oder Billy Wilders "Das Appartement"? Jedenfalls dürfte auch das ein wundervoller Filmabend werden.

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