Süddeutsche Zeitung

Illegale Feuerwerkskörper:"Absolut lebensgefährlich"

Lesezeit: 2 min

Von Eva Casper und Philipp von Nathusius

Mit erschreckender Regelmäßigkeit tauchen zum Jahreswechsel Meldungen wie diese auf: Böller verletzen Menschen im Gesicht, an Händen und Beinen. In besonders tragischen, wenngleich seltenen Fällen kamen Betroffene sogar ums Leben. Die Unfälle geschehen aus Leichtsinn, aus Unwissenheit, und manchmal auch, weil Feuerwerkskörper gefährlicher sind als sie sein dürften. Weil aber viele den ganz großen Rumms wollen und das für einen möglichst günstigen Preis, floriert der Handel mit illegalen Böllern, auch über das Internet.

Ermittler haben nun in einer europaweiten Razzia 57 Verdächtige festgenommen, die illegale Feuerwerkskörper über Webshops vertrieben haben sollen. Bei der von Europol koordinierten Aktion lag der Schwerpunkt auf Polen. Dort wurden ein mutmaßlicher Schmugglerring ausgehoben und 35 Verdächtige verhaftet. Zudem sind vier Feuerwerk-Webshops vom Netz genommen worden. Im Bundesgebiet seien 53 Wohnungen und Sprengstofflager durchsucht worden, teilte die Staatsanwaltschaft Köln am Freitag mit, 500 Beamte seien im Einsatz gewesen. Die Durchsuchungen fanden am Mittwoch und Donnerstag statt und konzentrierten sich vor allem auf die Käuferseite.

Bei Paketdiensleistern wurden 74 Sendungen mit gefährlichen Böllern auf dem Weg zu Kunden in Deutschland sichergestellt. Der Inhalt sei "absolut lebensgefährlich", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. "Die Käufer wissen gar nicht, auf was sie da sitzen." Im Zuge von Hausdurchsuchungen mussten in Bad Berleburg in Nordrhein-Westfalen sieben Mehrfamilienhäuser evakuiert werden, weil in einem Gebäude gefährlicher Sprengstoff gefunden wurde, der nicht abtransportiert werden konnte. Er musste gesprengt werden.

In Deutschland stellten die Ermittler etwa 27 000 Feuerwerkskörper mit 315 Kilogramm Sprengstoff sicher. Sie waren ohne die nötige Erlaubnis über einen polnischen Onlineshop vertrieben worden und fielen teils in die höchsten Gefahrenklassen des Sprengstoffgesetzes, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. In Polen stellten Fahnder im Zuge der Operation sogar 80 Tonnen Feuerwerkskörper der Kategorie F4 sicher, teilte Europol mit. Eine Ladung in der Größenordnung von vier randvoll beladenenen Überseecontainern.

Wie können Knallwillige illegale Feuerwerkskörper erkennen?

Die Gefahr, die von Feuerwerkskörpern ausgeht, wird auf einer vierstufigen Skala bewertet. F4 ist die gefährlichste Kategorie. Diese Böller und Raketen dürfen in Deutschland und anderen EU-Ländern nicht in den regulären Handel gelangen. Handelsübliche Silvesterfeuerwerkskörper fallen unter die Kategorie F2, sagt Klaus Gotzen vom Verband der pyrotechnischen Industrie. Ihr maximaler Schalldruckpegel darf 120 Dezibel nicht überschreiten. Bei den Kategorien F3 und F4 hingegen handelt es sich um Profifeuerwerk, das nur von ausgebildeten Fachleuten verwendet werden darf. F4-Böller sind in der Regel dafür gemacht, so laut zu sein, wie möglich. Es gibt kein gesetzlich geregeltes Lautstärkemaximum. Wer sie zünden möchte, muss über 21 Jahre alt sein und vorher eine behördliche Genehmigung einholen. So besagt es das deutsche Sprengstoffgesetz.

Grundsätzlich gilt, dass auch F2-Feuerwerkskörper nur in der Zeit zwischen Weihnachten und Silvester verkauft werden dürfen und nur an über 18-Jährige. Wer Böller und Raketen vor oder nach dem 31.12. und 1.1. zünden will, braucht eine Sondergenehmigung.

Doch wie können Knallwillige illegale Feuerwerkskörper von legalen unterscheiden? In Deutschland müssen alle im Handel erhältlichen Feuerwerkskörper offiziell zugelassen und mit einer entsprechenden Kennzeichnung (CE-Kennzeichen) versehen sein. Außerdem muss eine Gebrauchsanleitung auf Deutsch beigefügt sein, sagt Gotzen. Diese sollte man dann auch lesen und sich daran halten, um Verletzungen vorzubeugen.

Mit Material der Nachrichtenagenturen

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