Festnahmen nach Anti-Mafia-Razzia:Moda nostra

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Einträgliches Geschäft: Der Polizei ist ein Schlag gegen die Camorra geglückt, fünf Verdächtige in Norddeutschland und Italien wurden festgenommen. Der Vorwurf: Handel mit gefälschten Lederjacken.

Jens Schneider

Jeder Ortsname hat seinen eigenen Klang. Da ist einmal Hamburg, da ist das kleine Buchholz in der Nordheide in Niedersachsen, und da ist Neapel. An diesem Morgen schickt die Polizei, die seit Monaten eine Verbindung zwischen den drei Orten beobachtet, ihre Einsatzkräfte los. In Süditalien und Norddeutschland werden fünf Haftbefehle vollstreckt, in den beiden Städten und in Buchholz 15 Häuser durchsucht. Die Polizei spricht von einem Netzwerk der Camorra in Hamburg, also einem Mafia-Ring mit Basis in der Region um Neapel, der aber vor allem in Hamburg seine Geschäfte gemacht haben soll.

Polizeibeamte präsentieren in Hamburg der Presse Kleidungsstücke, die im Rahmen der Ermittlungen beschlagnahmt wurden. (Foto: dapd)

Ermittelt wird insgesamt gegen 13 Verdächtige. Die Staatsanwaltschaft wirft den Italienern - elf Männer im Alter von 22 bis 61 Jahren und zwei Frauen im Alter von 38 und 42 Jahren - bandenmäßigen Betrug und zum Teil auch eine "Mitgliedschaft in einer ausländischen kriminellen Vereinigung" vor. Das Delikt des Camorra-Netzwerkes mag zunächst lapidar klingen, soll aber für den Clan und sein Netzwerk sehr einträglich gewesen sein: Die Männer und Frauen hatten sich laut Polizeiangaben auf den Handel mit gefälschten Lederjacken spezialisiert, und das in großem Stil.

"Es sind organisierte Strukturen, auch wenn die Straftat zunächst nicht dem Klischee entspricht, das wir mit organisierter Kriminalität verbinden", sagt Wilhelm Möllers, Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft. Und die Spur führe nach Neapel.Seit Beginn der Ermittlungen, die vor fast einem Jahr begannen, soll das von einer Familie aufgebaute Netzwerk damit Gewinne im bis zu sechsstelligen Euro-Bereich gemacht haben. Mit zwei Maschen vor allem sollen die Lederjacken-Händler gearbeitet haben. Entweder fragten sie ältere Männer im Großraum Hamburg nach dem Weg etwa zur Autobahn, oder sie suchten den Kontakt im Gespräch, indem sie die älteren Herren auf fiktive gemeinsame Bekannte ansprachen.

Dieser freundliche Austausch endete für die Männer dann meist mit einem Handel, den sie offenbar erst hinterher als schlechtes Geschäft erkannten. Ihre neuen italienischen Bekannten verkauften ihnen aus dem Auto gleich auf der Straße vermeintlich erstklassige Lederjacken. "Das waren billigste Total-Imitate", sagt Staatsanwalt Möllers, der Wert lag um zehn Euro, meist noch darunter. Gezahlt haben die Opfer stets mehr. Manche kamen mit nur 20Euro davon, andere berappten gleich 2500Euro.

Die Strukturen der Bande sollen klassischen Mafia-Organisationen entsprechen. Ein Teil der betrügerischen Einnahmen sei offenbar an den Familienclan abgeführt worden, der alles organisierte. Den Verhafteten drohen jetzt Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Das Ganze sei keine kleine Sache, heißt es bei den Ermittlern, und dennoch geben diese weitgehend Entwarnung. Noch immer sei Deutschland, vor allem der Norden, so der zuständige Staatsanwalt, eher ein Ruhe- und Rückzugsgebiet der Mafia - wo aber günstige Gelegenheiten durchaus mal wahrgenommen würden.

© SZ vom 06.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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