Festgenommene Greenpeace-Aktivisten:Niederlande erheben schwere Vorwürfe gegen Russland

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Vor dem Internationalen Seegerichtshof hat ein brisanter Prozess begonnen: Die Richter müssen entscheiden, ob Russland 30 Greenpeace-Aktivisten freilassen muss, die sich unter niederländischer Flagge einer Gazprom-Ölplattform näherten. Zu Beginn erhoben die Niederlande schwere Vorwürfe gegen Russland.

Seit fast sieben Wochen sitzen 30 Greenpeace-Aktivisten nach einer Aktion in der Arktis in russischer Haft. Nun beschäftigt sich der Internationale Seegerichtshof in Hamburg mit dem Fall. Zu Beginn der Verhandlung haben die Niederlande die Abwesenheit Russlands bei der Verhandlung um das festgehaltene Greenpeace-Schiff Arctic Sunrise heftig kritisiert.

Ihr Land bleibe aber hoffnungsvoll, dass Russland seine Position überdenken und mit dem Internationalen Seegerichtshof zusammenarbeiten werde, sagte die niederländische Delegationsleiterin Liesbeth Lijnzaad.

Die russische Küstenwache hatte das Greenpeace-Schiff Arctic Sunrise am 19. September in der Barentssee aufgebracht, nachdem die Umweltaktivisten versucht hatten, eine Bohrinsel des Energieunternehmens Gazprom zu entern. Die 30 Besatzungsmitglieder aus 18 Ländern sind seitdem in Russland inhaftiert. Ihnen soll wegen "Rowdytums" der Prozess gemacht werden.

Niederlande: Noch nie blieb ein Staat solchen Verhandlungen fern

Lijnzaad wies darauf hin, dass nur sehr selten ein Staat einer Verhandlung vor einem internationalen Gericht fernbleibe. Vor dem Seegerichtshof sei das in den bisherigen 21 Fällen noch nie geschehen, vor anderen internationalen Gerichten liege der letzte Fall mehr als 25 Jahre zurück. Die Weigerung Russlands, die Zuständigkeit des Seegerichtshofs anzuerkennen, verstoße gegen die Internationale Seerechtskonvention. Die Ausnahmebestimmungen, auf die Russland sich berufe, seien im konkreten Fall nicht anwendbar.

"Die Nichtteilnahme Russlands entbindet den Gerichtshof nicht von der Pflicht zur Rechtsprechung", sagte die Leiterin der niederländischen Delegation. Die Festsetzung der Arctic Sunrise und der Crew sowie zweier Bildberichterstatter ist nach Ansicht der Niederlande rechtswidrig. Als Flaggenstaat der Arctic Sunrise haben sie deshalb den Gerichtshof angerufen und beantragt, das Schiff und die Mannschaft freizulassen.

Russland nimmt an der Verhandlung nicht teil und stellt auch keine Unterlagen wie Vernehmungsprotokolle oder Ermittlungsakten zur Verfügung. Eine Entscheidung des Gerichts wird am 22. November verkündet. Sie wäre nach Einschätzung von See- und Völkerrechtlern für Russland bindend. Das Gericht muss nun über seine Zuständigkeit befinden und sich ein Bild von der tatsächlichen und rechtlichen Lage machen. Das ist ohne Mitwirkung Russlands nur begrenzt möglich.

Teilnehmer waren über Risiken aufgeklärt

Sie hatten die Plattform des russischen Energiekonzerns Gazprom angesteuert, um ein Transparent gegen Ölförderung in der Arktis anzubringen. Dabei hatten die Greenpeace-Aktivisten unter anderem eine international festgelegte Sicherheitszone von 500 Metern für Plattformen auf See verletzt. Russland warf ihnen zunächst Piraterie vor, reduzierte den Vorwurf aber auf Rowdytum. Darauf stehen im Höchstfall sieben Jahre Haft.

Die Verhandlung war begleitet von einer Greenpeace-Protestaktion in Moskau auf dem Fluss Moskwa. In Hamburg beklagte Greenpeace-Geschäftsführer Kumi Naidoo die schlechten Haftbedingungen der 30 Gefangenen in Murmansk. Sie müssten bei großer Kälte den meisten Teil des Tages in winzigen Zellen verbringen. Die Reaktion der russischen Behörden auf die Greenpeace-Aktion sei völlig unverhältnismäßig.

© Süddeutsche.de/dpa/pauk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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