Fast Food in Äthiopien:Unbezahlbare Pizza

Fast Food in Äthiopien: Von Südafrika abgesehen machen die großen Fast-Food-Konzerne bislang einen Bogen um Sub-Sahara-Afrika. Kritiker der Branche hielten das für ein Gottesgeschenk.

Von Südafrika abgesehen machen die großen Fast-Food-Konzerne bislang einen Bogen um Sub-Sahara-Afrika. Kritiker der Branche hielten das für ein Gottesgeschenk.

(Foto: AFP)
  • In Äthiopien hat mit Pizza Hut die erste westliche Fast-Food-Kette ein Restaurant eröffnet.
  • Bald sollen weitere Filialen folgen, darunter eine Halal-Variante für den muslimischen Teil der Bevölkerung.
  • Kritiker fürchten die Pervertierung afrikanischer Essgewohnheiten.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Es war ein feierlicher Moment, der US-Botschafter hielt eine ebensolche Rede, die geladenen Gäste applaudierten, die nicht geladenen stellten sich an der Schlange an, um ein Stück Pizza zu ergattern. Vor wenigen Tagen eröffnete die erste Pizza-Hut-Filiale in Äthiopien, es war ein gesellschaftliches Ereignis, das auch ein bisschen an das Jahr 1990 erinnerte, als der erste McDonald's auf der Moskauer Gorki-Straße öffnete. Es war wie das endgültige Ende des Kommunismus und der Beginn der Konsumrevolution.

In Äthiopien ist die Symbolik nun eine ähnliche. Es geht gar nicht so sehr darum, dass man in der Hauptstadt Addis Abeba nun auch Pizza mit einer erstaunlichen Menge Käse darauf kaufen kann, das konnte man schon vorher. Pizza Hut ist die erste westliche Fast-Food-Kette, die sich im Land niederlässt, das die zweitgrößte Bevölkerung Afrikas hat - und das viele vor allem mit den Hungerkatastrophen der Achtzigerjahre in Verbindung bringen. Die Ankunft von Pizza Hut bedeutet also auch eine neue Normalität: Wir gehören nun auch dazu - uns wird nichts mehr vorenthalten.

In Nigeria wird seit Jahren die Ankunft von McDonald's erwartet

Wenn man von Südafrika einmal absieht, dann haben die großen Fast-Food-Konzerne seit Jahrzehnten einen Bogen um Sub-Sahara-Afrika gemacht. Kritiker der Branche hielten das für ein Gottesgeschenk. Für viele Afrikaner aber war es eher ein Urteil über die Rückständigkeit eines Kontinents, auf dem man nicht mal Buletten braten kann.

Die Sehnsucht nach den Symbolen des Westens nimmt deshalb oft abenteuerliche Formen an: In Nigeria wird seit Jahren die Ankunft von McDonald's erwartet und herbei gesehnt. In vielen großen Städten Afrikas begannen einige einfach damit, sich eigene McDonald's-Filialen zu basteln, oder einen nachgebauten Pizza Hut. Auch in Addis Abeba gibt es nicht unweit der ersten echten Filiale eine mehr oder weniger gelungene Imitation, sie darf erst einmal stehen bleiben.

Weitere Filialen sollen bald folgen, darunter eine Halal-Variante für den muslimischen Teil der Bevölkerung. Etwa 400 Menschen will die Kette einmal beschäftigen in Addis, das ist nicht sonderlich viel in einem Land mit 100 Millionen Einwohnern. Der US-Botschafter Michael Raynor sagte in seiner Rede aber, dass "die Präsenz von Pizza Hut auch ein Signal an andere Investoren ist, dass es in Äthiopien gute Geschäftsmöglichkeiten gibt". Die Pizza als Türöffner. Der lokale Lizenznehmer der Fast-Food-Kette will demnächst eine Fertigung des koreanischen Autokonzerns Kia eröffnen. Das wäre dann auch noch die erste Autofabrik im Land.

Äthiopiens Wirtschaft wächst seit Jahren mit teils zweistelligen Raten, in der Hauptstadt Addis Abeba fährt eine Straßenbahn, in den Vororten lassen H&M und Tchibo ihre Kleidung nähen. Eine Pizza im neuen Restaurant ist dennoch für viele Äthiopier nicht bezahlbar, drei Euro sind mehr als der durchschnittliche Tageslohn.

Manchen Äthiopiern ist das ganz recht, sie fürchten um die kulinarische Tradition des Landes. "Pizza Hut wird die Essgewohnheiten pervertieren", sagte der Koch Yohannes Hailemariam der BBC.

Übergewicht ist in Äthiopien bisher kaum ein Problem. Die äthiopische Küche gehört zu den besten des Kontinents, Grundnahrungsmittel ist Injera, ein gesäuertes Fladenbrot, das zum Beispiel mit Fleischragout gegessen wird. Eine besondere Delikatesse sind dünne Scheiben rohen Rindfleisches, die es an vielen Straßenständen gibt.

All das findet sich nicht auf der Speisekarte von Pizza Hut. Denn die Kette importiert die allermeisten Zutaten aus dem Ausland.

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