Fashion Week:Berliner Schick

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Shirts als Handytastatur, Cocktailkleider, die Cocktails mixen können, und tragbare Drohnenlandeplätze: Auf der Fashion Week wird in diesem Jahr mit digitaler Mode experimentiert. Am Ende gibt es sogar Preise dafür.

Von Jan Kedves

Im Vergleich zu den Modewochen in New York, Mailand oder Paris ist die Berliner Fashion Week klein, langweilig und provinziell: so lautet das übliche Lamento. Dieses Mal mag man nicht einstimmen. Denn es scheint, als würde sich die Berliner Modewoche - zumindest im Nebenprogramm - zu einem Forum entwickeln, auf dem die digitale Berliner Start-up-Szene und Modedesigner zusammenfinden und an neuen Ideen spinnen.

Am Dienstag etwa wurde auf der Konferenz "Fashiontech" darüber diskutiert, wie sogenannte Smart Textiles in den nächsten fünf Jahren die Modeindustrie revolutionieren werden. Geladen war unter anderem Paul Lukowicz vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Er schwärmte davon, dass textile Gadgets und smarte Stoffe schon bald jeden Menschen zum wandelnden Sensor machen werden, der seine Informationen - über Luftverschmutzung, Temperatur, Herzfrequenz und so weiter - per Wifi jederzeit mit der großen Wolke teilt. Ob das nun jeder Kunde automatisch wollen wird, ist noch unklar, technisch ist es beinahe möglich. An der Waschbarkeit wird noch gearbeitet.

"Ingenieure lieben es, Probleme zu lösen. Die Herausforderung besteht darin herauszufinden, welche Probleme wirklich wichtig sind", meinte denn auch Trina Watt, Marketingspezialistin aus Cambridge. Abschreckende Beispiele hatte sie mitgebracht. Zum Beispiel ein Cocktailkleid, das - tatsächlich! - Cocktails mixen kann. Oder: Frauen, die es müde sind, auf ihrem Smartphone herumzutippen, können ein Shirt anziehen, in dessen Brustbereich eine Computertastatur in Perlmuttoptik eingearbeitet ist. Praktisch? Eher eine Anleitung zur sexuellen Belästigung.

Ja, Entwürfe wie diese entstehen wohl, wenn Ingenieure und Programmierer, berauscht vom technisch Möglichen, noch nicht eng genug mit Menschen zusammenarbeiten, die Sinn für Ästhetik haben. Sprich: Modedesignern. Dem Abhilfe zu schaffen, ist das Ziel des "Fashion Fusion Award", der gerade erstmals vergeben wurde. Er will Projekte von Teams auszeichnen, die interdisziplinär arbeiten. Gesponsert wird er von einem deutschen Telekommunikationskonzern.

Gut, auch beim Fashion Fusion Award leuchtete noch nicht alles zwingend ein. Das mit dem dritten Preis bedachte Kleid von Transwarm Entities aus Holland sieht aus wie die 3-D-gedruckten Fossilkleider der holländischen Haute-Couture-Designerin Iris van Herpen. Modisch ist es eine dreiste Kopie. Allerdings mit dem Mehrwert, dass es von vier kleinen Drohnen umschwirrt wird. Zwei Drohnenlandeplätze auf den Schultern, zwei auf den breit ausgestellten Hüften. An einen Helm gegen Rotorschrammen haben die Designer seltsamerweise nicht gedacht.

Überzeugend hingegen das Konzept des Gewinnerteams, das sich Trainwear nennt. Es hat ein hautenges Sportshirt aus dehnungssensiblem Smartstoff entwickelt, der das Pumpen und Wölben der Brustmuskulatur und Oberarme misst. Die Daten werden an eine künstliche Intelligenz übermittelt, die den Trainingseffekt live analysiert und kommentiert. Schummeln beim Liegestütz geht so nicht mehr. Beugt man die Arme nicht tief genug, wird das von der Computerstimme sofort moniert.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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