Süddeutsche Zeitung

Fasching fatal:Plötzlich Prinzessin

Mein schlimmstes Faschings-Erlebnis: Einmal und nie wieder — aus dem Leben einer königlichen Hoheit wider Willen.

Von Nicola Holzapfel

Es war der Tag, an dem mir klar wurde, dass einem nicht alle Rollen passen, die das Leben schreibt. Ich war neun. Und im falschen Stück. Ich war Faschingsprinzessin. "Eine Ehre", sagt meine Mutter. Ich habe ihr noch immer nicht verziehen.

Es war kalt. Die grauslig-graue Perücke juckte wahnsinnig. Und an meiner Seite hatte ich einen Prinz, den ich nicht leiden konnte - Stefan. Stundenlang sind wir dem Faschingszug voran durch den Ort marschiert. Für die Faschingsgesellschaft muss ich eine herbe Enttäuschung gewesen sein. Ihre Prinzessin verbreitete keinerlei Heiterkeit und ließ sich weder nach gutem Zureden noch auf Befehl zu einem Lächeln herab.

Sie nahmen auf fürchterlich grausame Weise an mir Rache: Nachdem ich eine Rede gehalten hatte, die ich nicht verstand (Wie sollte ich? Sie stammte ja von einem Faschings-begeisterten Erwachsenen.), sollte ich "meinen (!) Prinzen" vor johlendem Publikum küssen! Ich bilde mir ein, er hat die Situation ausgenützt. Tanzen musste ich dann auch noch mit ihm: Wiener Walzer.

Als Jahre später meine Schulfreunde zum Tanzkurs gingen, habe ich dafür dankend abgelehnt. Auch Bonbons habe ich seit jenem Tag nicht mehr durch die Luft geworfen. Naja, das mit dem Küssen hat sich später gegeben. Aber auf einen Stefan habe ich mich nie mehr eingelassen.

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