Fall Yağmur:Pflegemutter hatte früh die Eltern im Verdacht

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"Ich hab's mir schöngeredet": Im Prozess gegen die Eltern der kleinen Yağmur berichtet die Pflegemutter vor dem Hamburger Landgericht unter Tränen von ihrem Verdacht, dass das Mädchen misshandelt wurde. Und räumt auch eigene Versäumnisse ein.

  • Seit einigen Wochen läuft der Prozess gegen die Eltern der kleinen Yağmur aus Hamburg, die wegen der tödlichen Misshandlung ihrer Tochter vor Gericht stehen. Im Prozess schildert die Pflegemutter des Mädchens unter Tränen ihre Sicht der Dinge.
  • Die Pflegemutter hatte schon früh einen Verdacht gegen die Eltern, das Mädchen habe "hysterisch" auf die Mutter reagiert.

Verdacht der Pflegemutter

Im Prozess um den Tod der kleinen Yağmur aus Hamburg hat deren Pflegemutter vor Gericht ausgesagt. Sie habe schon früher den Verdacht gehabt, dass die Kleine misshandelt worden sei, sagte die 44-Jährige am Freitag als Zeugin vor dem Hamburger Landgericht. Nach Besuchen bei den leiblichen Eltern habe das Mädchen öfter blaue Flecken gehabt. Als Yağmur rund um Weihnachten 2012 mehrere Tage bei ihren Eltern war, sei es dem Mädchen danach so schlecht gegangen, dass sie es ins Krankenhaus gebracht habe.

Die Pflegemutter kämpfte bei ihrer Aussage immer wieder mit den Tränen, sie sprach mit brüchiger Stimme. Die angeklagten Eltern schaute sie nicht an. Für die Verletzungen des Kindes habe die Mutter immer eine Erklärung gehabt, berichtete die 44-Jährige. Mal sei Yağmur angeblich gegen ein Metallbett geknallt, mal im Schwimmbad ausgerutscht. "Aber ich hab's mir schöngeredet."

Yağmur habe sich schon früh dagegen gewehrt, ihre leiblichen Eltern zu besuchen, sagte die 44-Jährige. Wenn die Mutter das Mädchen abholte, habe es "hysterisch" auf sie reagiert und geschrien. Auch wenn sie zusammen mit dem Kind in der Wohnung der Eltern gewesen sei, "ist Yağmur nicht von meinem Schoß runter". Das Jugendamt habe ihr aber gesagt, dass das normal sei - "weil wir halt ihre Familie und ihr Lebensmittelpunkt sind. Sie war Teil unserer Familie."

Der Prozess gegen Yağmurs Eltern

Yağmurs 27-jährige Mutter steht wegen Mordes vor Gericht, sie soll ihre Tochter aus Hass zu Tode misshandelt haben. Der ein Jahr jüngere Vater muss sich verantworten, weil er das Mädchen nicht geschützt haben soll. Beide sitzen in Untersuchungshaft.

Zuletzt hatte ein rechtsmedizinischer Gutachter vor Gericht zu den schwerwiegenden Verletzungen des Mädchens Stellung genommen. Die Eltern hätten wissen müssen, dass ihre Tochter an den Misshandlungen sterben könne, sagte Professor Klaus Püschel. An Yağmurs Körper zählten die Rechtsmediziner 83 Verletzungen. Das Ausmaß der inneren Verletzungen habe ihn überrascht. Der 62-Jährige sprach von einem "sehr ungewöhnlichen und außerordentlich schwerwiegenden Fall".

Die Vorgeschichte

Yağmur war am 18. Dezember 2013 in der Wohnung ihrer Eltern im Stadtteil Billstedt an inneren Blutungen in Folge eines Leberrisses gestorben. Die Kleine war seit ihrer Geburt von drei Jugendämtern betreut worden, die wegen Versäumnissen in der Kritik stehen.

Das Mädchen war schon kurz nach seiner Geburt zu der Pflegemutter gekommen. Die leiblichen Eltern behielten aber das Sorgerecht und hatten Umgang mit dem Kind. Von Mitte 2013 an lebte Yağmur wieder bei ihnen. Kurz vor Weihnachten starb die Dreijährige in ihrer Obhut.

© SZ.de/dpa/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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