Fall Tuğçe vor Gericht:Freundin spricht von "üblen Beleidigungen"

  • Vor dem Landgericht Darmstadt wird versucht, den gewaltsamen Tod der Studentin Tuğçe zu klären. Freundinnen des Opfers haben ausgesagt, der Angeklagte habe mit wüsten Pöbeleien angefangen.
  • Zu der Verhandlung am waren auch Freunde des Angeklagten als Zeugen geladen. Diese sagten aus, Sanel M. habe erzählt, ihm sei wegen massiver Pöbeleien von Seiten Tuğçes die Sicherung durchgebrannt.

Freundinnen von Tuğçe sagen aus

"Es wurden üble Beleidigungen ausgesprochen. Ich habe so etwas noch nie gehört", sagte die junge Frau. Mit der Vernehmung mehrerer Freundinnen von Tuğçe ist vor dem Landgericht Darmstadt der Prozess um den gewaltsamen Tod der 22-Jährigen fortgesetzt worden.

Der Angeklagte und seine Kumpels hätten in der Tatnacht bereits vor den Toiletten des Schnellrestaurants in Offenbach Tuğçe und ihre Freundinnen angepöbelt, so eine der Freundinnen, die heute vor Gericht aussagte.

Sie hatte nach Aussage mehrerer Zeuginnen mit Tuğçe auf der Toilette nach zwei betrunkenen Mädchen gesehen, die von Sanel M. und zwei Freunden belästigt worden sein sollen. Tuğçe und ihre Freundinnen hätten zwar zurück geschimpft, allerdings deutlich weniger aggressiv, sagt die Zeugin. "Halt die Fresse!" habe Tuğçe auf Sanels üble Pöbeleien geantwortet.

Ein Geräusch, als ob ein Fernseher aus dem Fenster geworfen wird

Den Schlag des Angeklagten hat die Zeugin nach eigener Aussage zwar nicht gesehen, aber gehört. "Das war ein Geräusch so laut, als ob jemand einen Fernseher aus dem Fenster wirft."

Die Zeuginnen erklärten übereinstimmend, sich nicht im Detail miteinander über die Ereignisse in jener Nacht unterhalten zu haben. Bei gemeinsamen Gesprächen sei es eher um das Schicksal von Tuğçe gegangen. Der Vorsitzende Richter Jens Aßling wies sie allerdings darauf hin, dass es in den Unterlagen über die polizeilichen Vernehmungen deutliche Übereinstimmungen gebe. "Das spricht doch dafür, dass man sich unterhält, bevor man zur Polizei geht." Er zeigte Unverständnis darüber, warum die Freundinnen dies nicht einfach einräumten.

Die Version von Sanel M.s Freunden

Ein Freund des Angeklagten meinte hingegen, die 22-jährige Tugce habe ihren gewaltsamen Tod selbst ausgelöst. Sanel M. habe erzählt, ihm sei wegen massiver Pöbeleien die Sicherung durchgebrannt, sagte der 19 Jahre alte Zeuge. In der Toilette habe es überhaupt keinen Streit gegeben. "Das war eher eine lockere Stimmung." Der Vorsitzende Richter Jens Aßling ließ erkennen, dass er an der Aussage des jungen Mannes Zweifel habe. Ein weiterer Zeuge aus der Gruppe um den Angeklagten verstrickte sich in Widersprüche. "Das stimmt weder vorne noch hinten", meinte Aßling zu den Aussagen.

Ein Rettungsassistent, der mit einem Notarzt herbeigeeilt war, sagte aus, Tuğçe sei bei seinem Eintreffen "nicht ansprechbar" gewesen.

Urteil wird Mitte Juni erwartet

Sanel M. ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. Er hatte zum Prozessauftakt den Schlag gegen Tugce eingeräumt und Reue gezeigt. Wenn er nach Jugendstrafrecht verurteilt wird, drohen ihm sechs Monate bis zehn Jahre Gefängnis. Sollte er nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden, muss er mindestens drei Jahre in Haft. Das Urteil wird Mitte Juni erwartet.

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