Süddeutsche Zeitung

Fall Tamir Rice:Gutachter: Schüsse auf zwölfjährigen Schwarzen gerechtfertigt

  • Zwei Gutachtern zufolge handelte der weiße Polizist Timothy L. "angemessen", als er den mit einer Spielzeugpistole hantierenden schwarzen Jungen Tamir Rice erschoss.
  • Die Familie des Zwölfjährigen beklagt, die Gutachter würden Partei für die Polizei ergreifen.
  • Immer wieder hatten in jüngerer Vergangenheit Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze Schlagzeilen gemacht - und teilweise landesweit in den USA Proteste ausgelöst.

Staatsanwaltschaft legt Gutachten vor

Nach den tödlichen Schüssen auf einen mit einer Spielzeugpistole hantierenden schwarzen Jungen im US-Bundesstaat Ohio hat die Staatsanwaltschaft Expertengutachten vorgelegt, die den Polizeischützen entlasten. Ein Beamter der Bundespolizei FBI im Ruhestand und ein Staatsanwalt aus Denver befanden übereinstimmend, dass der weiße Polizist Timothy L. "angemessen" gehandelt habe, als er auf den zwölfjährigen Tamir Rice schoss. Sie verwiesen auf einen Notruf, in dem der Junge als Mann mit einer Waffe bezeichnet worden sei.

Rice war Ende November in einer Parkanlage in Cleveland erschossen worden. Die Polizisten hielten eine Waffenattrappe, die der Junge in den Händen hatte, nach eigenen Angaben für echt. Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen, dass die Beamten direkt nach der Ankunft am Ort des Geschehens Schüsse auf den Teenager abgaben. Dass ein Anwohner bei der Polizei angerufen hatte und von einer vermutlich unechten Waffe sprach, war den Beamten offenbar nicht bekannt.

Rices Familie kritisiert Staatsanwaltschaft

In dem Fall empfahl ein Gericht im Juni die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die beiden beteiligten Polizisten. Bis zur Entscheidung der Staatsanwaltschaft über eine Anklageerhebung könnten noch Monate vergehen.

Aus den neuen Gutachten will die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben vorerst "keine Schlüsse" ziehen. "Die Beweisaufnahme wird fortgesetzt", hieß es in einer Mitteilung. Veröffentlicht wurde neben den beiden Gutachten auch ein Bericht der Verkehrspolizei. Die Anwälte von Rices Familie warfen der Staatsanwaltschaft vor, den Vorfall ohne Anklage aus der Welt schaffen zu wollen. Die hinzugezogenen Experten stünden auf Seiten der Polizei, erklärten sie.

Die tödlichen Schüsse auf Tamir Rice waren einer von vielen Vorfällen, bei denen weiße US-Polizisten in jüngerer Vergangenheit unbewaffnete Afroamerikaner erschossen. Landesweit gab es deswegen immer wieder Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt.

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