Süddeutsche Zeitung

Fall Susanna F.:Staatsanwaltschaft weist Kritik an Polizeiarbeit zurück

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Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden weist im Fall der getöteten Susanna Kritik an der Ermittlungsarbeit zurück. "Wir haben keinerlei Anhaltspunkte, dass sich die Polizei nicht richtig verhalten hat", sagte Oberstaatsanwältin Christina Gräf. Die Prüfung der Polizeiarbeit sei am Rande auch Gegenstand der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in dem Fall. Sie könne sich aber nur zu der Arbeit der Polizei Wiesbaden und nicht zu Mainz äußern, sagte Gräf.

Der irakische Flüchtling Ali B. wird verdächtigt, die 14-jährige Susanna am Abend des 22. Mai oder in der darauffolgenden Nacht vergewaltigt und umgebracht zu haben. Am Tag darauf meldete die Mutter die Schülerin in ihrem Wohnort Mainz als vermisst. Am 29. Mai sagte eine Bekannte von Susanna der Mutter, dass ihre Tochter tot sei und ihre Leiche an einem Bahngleis in Wiesbaden liege. Am 30. Mai übernahm die Polizei Wiesbaden dann federführend die Ermittlungen von ihren Kollegen aus Mainz. Am 6. Juni wurde schließlich Susannas Leiche gefunden. Ali B. war bereits einige Tage zuvor mit seiner Familie in den Irak geflohen.

Die Staatsanwaltschaft geht außerdem davon aus, dass Ali B. bei seinem Asylantrag nicht bewusst seine Identität verschleiert hat. Demnach geht aus einem dem irakischen Konsulat vorliegenden Papier hervor, dass sein Name vier Bestandteile habe, erläutere Oberstaatsanwältin Christina Gräf. Bei den Behörden habe B. dann zwei Bestandteile davon angegeben: Seinen Vornamen sowie den Namen seines Vaters. "Das spricht nicht dafür, dass bewusst falsche Personendaten angegeben wurden", so Gräf.

Der Fall Susanna sorgt deutschlandweit für Aufsehen, auch Kritik an der Ermittlungsarbeit der Polizei wurde laut. Zu den Fragen gehört unter anderem, ob die Polizei die Leiche schneller hätte finden können, wenn sie direkt umfassender nach dem Mädchen gesucht hätte.

Zunächst hielten es die Ermittler auch für möglich, dass Susanna von zu Hause weggelaufen sei. Als die Polizei dann in den ersten Junitagen mit Leichenspürhunden an der Bahnstrecke in Wiesbaden-Erbenheim suchte, schlugen die Tiere nicht an, weil sie wegen der trockenen Witterung keinen Verwesungsgeruch wittern konnten. Außerdem war die Stelle, an der die Polizisten zunächst suchten, einige hundert Meter vom späteren Leichenfundort entfernt.

Verdächtiger könnte zur Tatzeit bereits 21 Jahre alt gewesen sein

Unterdessen prüfen die Ermittler, ob der Verdächtige Ali B. zur Tatzeit bereits 21 Jahre alt war und nicht erst 20 wie bisher angenommen. Nach den Unterlagen, die im irakischen Generalkonsulat vorliegen, sei B. im März 1997 geboren, teilte die Wiesbadener Staatsanwaltschaft mit. Die Informationen stünden aber noch unter Vorbehalt, weil eine schriftliche Bestätigung des Namens und des Geburtsdatums durch das Konsulat noch nicht vorliege, erklärten die Ermittler. Sie waren nach eigenen Angaben am Montag zum "Informationsaustausch" mit den irakischen Diplomaten zusammengekommen.

Das genaue Alter könnte juristisch von Bedeutung sein. Bei Heranwachsenden im Alter zwischen 18 und 20 Jahren kommt entweder ein Prozess nach Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht in Frage. Angeklagte, die 21 Jahre oder älter sind werden in jedem Fall nach dem Erwachsenenstrafrecht beurteilt. Bei einer in diesem Fall möglichen Verurteilung wegen Mordes hat das große Auswirkungen auf das Strafmaß. Eine lebenslange Haft ist im Jugendstrafrecht ausgeschlossen. Die Höchststrafe beträgt dort in der Regel zehn Jahre, wenn Heranwachsende nach Jugendstrafrecht verurteilt werden, sind bei der Feststellung bei besonderer Schwere der Schuld 15 Jahre möglich.

Am Donnerstag will sich der hessische Landtag in einer gemeinsamen Sondersitzung von Innen- und Rechtsausschuss mit dem Fall Susanna beschäftigen. Dabei sollen Innenminister Peter Beuth und Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (beide CDU) die Abgeordneten der beiden Gremien über die Ermittlungen und die Festnahme des mutmaßlichen Täters im Nordirak informieren.

Susanna wurde am Dienstag in ihrer Heimatstadt beigesetzt. Die Öffentlichkeit war von der privaten Trauerfeier ausgeschlossen.

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