Vor 20 Jahren, im August 1998, wurde der elfjährige Nicky V. aus einem Sommercamp in den Niederlanden entführt. Einen Tag später wurde er tot aufgefunden. Am Sonntag nun haben spanische Polizisten einen Verdächtigen in einer bergigen Gegend nahe Castellterçol, 50 Kilometer von Barcelona entfernt, festgenommen. Wie die niederländische Polizei mitteilte, handelt es sich um den 55-jährigen Jos B. Er soll an die Niederlande ausgeliefert werden, heißt es von den spanischen Behörden.
Der Journalist und Sprecher der Familie des getöteten Jungen, Peter R. de Vries, schrieb bei Twitter, Jos B. sei in der Nähe von Barcelona gefasst worden. Die Familie des Jungen sei "sehr erleichtert". "Es wird Gerechtigkeit geben", fügte er hinzu.
Am Montag wurde der Festgenommene zu einem Gericht in Granollers bei Barcelona gebracht, wie spanische Justizkreise mitteilten. Dort sollte er per Videoschaltung von Richtern des zuständigen nationalen Gerichts in Madrid angehört werden, die über die Modalitäten der Auslieferung des Verdächtigen in die Niederlande entscheiden.
Mithilfe von Spuren an der Leiche konnte ein DNA-Profil erstellt werden
Die Polizei hatte erst am Mittwoch erklärt, in dem Fall einen Verdächtigen ermittelt zu haben und nach dem 55-jährigen Jos B. zu fahnden. Die Festnahme am Sonntag gelang nach Angaben der Ermittler mit Hilfe eines Zeugen, der den Mann in den vergangenen Tagen auf einem Foto in den Medien erkannt habe. Die Ermittler lobten die Zusammenarbeit mit der spanischen Polizei.
B. soll den elfjährigen Nicky V. im August 1998 sexuell missbraucht und dann ermordet haben. Das Kind war damals aus einem Camp im Naturschutzgebiet Brunssummerheide an der deutschen Grenze entführt worden. Mithilfe von Spuren an der Leiche und modernen Technologien konnte erst 2008 ein DNA-Profil des Täters erstellt werden.
B.s Familie meldete ihn als vermisst
Auf dem Radar der Ermittler sei B. in diesem Jahr wieder erschienen, da er einem mehrmaligen Aufruf zur freiwilligen Abgabe von DNA-Proben für einen Massentest nicht nachgekommen war. Daran hatten sich im Februar und März rund 15 000 Männer beteiligt. Sein Fernbleiben hat die Ermittler offenbar stutzig gemacht, denn B. hatte im Mordfall Nicky V. 1998 als Zeuge ausgesagt. Er wurde damals jedoch als unbeteiligter Passant eingestuft. Als die Ermittler den 55-Jährigen im Frühjahr dieses Jahres zur Rede stellen wollten, war er verschwunden.
Daraufhin sei seine DNA unter anderem anhand von privaten Gegenständen isoliert worden, erklärte der Leiter der Ermittlungen, Ferdinand Schellinkhout. Es habe sich eine "hundertprozentige Übereinstimmung" mit der DNA eines Mannes ergeben, die seinerzeit auf der Kleidung des ermordeten Nicky gefunden worden war.
