Fall Klatten: das Urteil:Sechs Jahre Haft für den Gigolo

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Schuldig des Betrugs und schuldig der Erpressung: Im Fall Klatten ist vor dem Landgericht München das Urteil gegen Helg Sgarbi gefallen. Er muss für sechs Jahre ins Gefängnis. Das Gericht blieb damit unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

Geständnis, Plädoyers, Urteil: Der spektakuläre Prozess um die Erpressung von Susanne Klatten ist gleich am ersten Tag mit einem Urteil zu Ende gegangen. Der Erpesser der Quandt-Erbin muss wegen versuchter Erpressung und Betrugs für sechs Jahre ins Gefängnis.

Gelassen: Helg Sgarbi kurz vor dem Urteilsspruch. (Foto: Foto: Getty Images)

Zuvor hatte Helg Sgarbi vor dem Landgericht München gestanden, Klatten und drei weitere Frauen um 9,4 Millionen Euro betrogen zu haben. Der ehemalige Liebhaber der BMW-Erbin sagte beim Prozessauftakt vor dem Landgericht München: "Ich bedauere das Vorgefallene zutiefst und entschuldige mich in dieser Hauptverhandlung und in aller Öffentlichkeit gegenüber den geschädigten Damen." In seinem Namen erklärte sein Anwalt Egon Geis: "Die im Anklagesatz genannten Vorwürfe treffen im Kern zu."

Am Montag hat unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen der spektakuläre Prozess gegen den mutmaßlichen Erpresser der BMW-Erbin Susanne Klatten vor dem Landgericht München begonnen. Angesetzt waren ursprünglich vier Prozesstage.

Die Anklage warf dem 44-jährigen Schweizer vor, die reichste Frau Deutschlands und drei weitere Frauen als Liebhaber um 9,4 Millionen Euro betrogen zu haben. Außerdem soll er versucht haben, mit heimlich beim Liebesspiel aufgenommenen Videos von Klatten weitere 49 Millionen Euro von ihr zu erpressen. Die BMW-Großaktionärin Klatten selbst hatte das Verfahren gegen den Übersetzer, der sechs Sprachen sprechen soll, mit ihrer Anzeige ins Rollen gebracht.

Und dann ging alles ganz schnell: Kaum eine Stunde nach Prozessbeginn las der Anwalt von Sgarbi das umfassende Geständnis vor. Dann begannen die Plädoyers. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Haftstrafe von neun Jahren für den Angeklagten, die Verteidigung hielt fünf Jahre Haft für tat- und schuldangemessen.

Als Begründung für die hohe Strafmaß-Forderung gab Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch an: Der 44-jährige Schweizer habe zwar die Taten umfassend gestanden, allerdings habe er den Verbleib der erschwindelten 9,4 Millionen Euro und der Videos von den intimen Treffen mit den Frauen offengelassen. Steinkraus-Koch nannte das Geständnis der Taten durch Sgarbi eine "überraschende Wende" in dem Verfahren.

"Ross und Reiter" nicht genannt

Er deutete das Geständnis Sgarbis als "Zweckgeständnis": Sgarbi habe "Ross und Reiter" nicht genannt und sich weder zum Verbleib des Geldes oder der Videos, mit denen er Klatten und eine weitere Frau erpressen wollte, geäußert, noch mögliche Mittäter genannt.

"Immerhin hat uns der Angeklagte heute eine ausgedehnte Beweisaufnahme erspart", sagte der Staatsanwalt. Sgarbi hatte, seitdem er seit Anfang des vergangenen Jahre in Untersuchungshaft sitzt, konsequent geschwiegen.

Durch dieses Geständnis blieb der BMW-Großaktionärin Klatten, die als reichste Frau Deutschlands gilt, eine Zeugenaussage erspart.

Die Verteidigung hingegen argumentierte, Klatten habe praktisch aus freier Entscheidung einen Millionenbetrag bezahlt. Die versuchte Erpressung wiederum drehe sich um die Bekanntgabe einer sexuellen Beziehung und sei nicht etwa vergleichbar mit der Erpressung von Supermarkt-Ketten durch Gift in Lebensmitteln, sagte Sgarbis Anwalt Egon Geis. "Ruiniert hat Frau Klatten die Geschichte nicht", sagte Geis. "Sie hat überhaupt keinen Schaden erlitten."

Keine Angaben zum Verbleib des Geldes

Ganz anders sah dies Staatsanwalt Steinkraus-Koch: Sgarbi habe sich "an die Damen herangemacht mit hoher krimineller Energie", sagte er. Auf dem Grundstück eines italienischen Sektenführers und an anderen Orten sei ein Millionenbetrag sichergestellt worden, allerdings nur ein kleiner Teil der Beute.

Die Verteidigung beantragte zu Beginn des Verfahrens, die anderen mutmaßlich geschädigten Frauen in dem Prozess nicht namentlich zu nennen. Sie dürften möglichst keine Nachteile und Beschädigungen erfahren, argumentierte Sgarbis Anwalt Egon Geis. Das Gericht gab dem statt.

Der Schweizer hatte die Frauen in edlen Wellness-Hotels kennengelernt und Beziehungen begonnen. Als er seine Erpressungsversuche startete, hatte er laut Anklage von Klatten und zwei anderen Frauen binnen eineinhalb Jahren bereits 9,4 Millionen Euro freiwillig bekommen. Zu den Zahlungen brachte er die Frauen laut Staatsanwalt stets mit der Geschichte von einem Unfall mit einem schwerverletzten Kind, von dem er sich freizukaufen habe.

Die Millionensummen soll Sgarbi dem Leiter einer Sekte in Italien gegeben haben. Die Staatsanwaltschaft hält den Italiener für einen Mittäter. Jedoch soll ihm in Italien der Prozess gemacht werden.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/AP/wib/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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