Fall Kassandra:Ermittler stoßen auf Serie sexuellen Missbrauchs

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Die Polizei ist einer Missbrauchsserie in Velbert auf der Spur. Auch der 14-jährige Tatverdächtige im Fall Kassandra könnte Opfer sein. Doch er bleibt vorerst in Haft.

Überraschende Wende im Fall Kassandra: Bei den Ermittlungen zu dem Verbrechen an dem neunjährigen Mädchen, das schwer verletzt in einem Gully aufgefunden wurde, ist die Polizei einer möglichen Serie sexuellen Missbrauchs von Kindern auf die Spur gekommen. Es bestehe ein Anfangsverdacht gegen einen Mann, der eine Reihe von Jungen sexuell missbraucht haben könnte, sagte eine Sprecherin der Wuppertaler Staatsanwaltschaft.

Ein Absperrband der Polizei versperrt in Velbert den Weg zu dem Kanalschacht, in dem die neunjährige Kassandra gefunden wurde. (Foto: Foto: dpa)

Der Verdächtige sei aber noch nicht festgenommen worden. "Konkrete Vorwürfe müssen noch herausgearbeitet werden." Ob es einen Zusammenhang zu dem 14-Jährigen gebe, der die neunjährige Kassandra im nordrhein-westfälischen Velbert schwer verletzt in einen Gully-Schacht geworfen haben soll, werde geprüft, sagte Mayr. Das Missbrauchsverfahren werde vom Fall Kassandra unabhängig behandelt.

Nach Medienberichten soll es um pornografische Fotos von Minderjährigen gehen. Die Kinder sollen dafür Gegenleistungen bekommen haben. Hinweise bekamen die Fahnder nach Angaben der Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen im Umfeld von Kassandra, bei denen auch Schüler vernommen wurden. Laut Polizei handelt es sich bei dem Verdächtigen um einen 60-jährigen Velberter.

Zum Ausmaß der Taten und zur Zahl der Täter wollte die Staatsanwaltschaft mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen keine Angaben machen. "Das würde die Ermittlungen gefährden", sagte Sprecher Wolf Baumert der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Ob auch der Hauptverdächtige im Fall Kassandra, ein 14-jähriger Schüler, Opfer eines sexuellen Missbrauchs wurde, werde noch geprüft.

Kassandra war vor vier Wochen in Velbert-Neviges bei Essen lebensgefährlich verletzt in einem Abwasserschacht gefunden worden. Als dringend tatverdächtig gilt ein 14-jähriger verhaltensauffälliger Förderschüler. Er sitzt seit Freitag vergangener Woche wegen des Verdachts des versuchten Mordes in Untersuchungshaft.

"Der Junge weint sich die Augen aus dem Kopf"

Seine Anwältin Astrid Denecke hat am Dienstag Haftbeschwerde eingelegt. Sie äußerte Zweifel an der Täterschaft ihres Mandanten und kritisierte, dass die Beweislage keine Inhaftierung rechtfertige. In einem Fernsehinterview widersprach sie auch der Darstellung der Ermittler, dass der Jugendliche gefühlskalt sei.

"Ich habe meinen Mandanten als sehr gefühlsbetont erlebt, und ich muss sagen, der Junge weint sich die Augen aus dem Kopf, der ist völlig fertig, weil man ihm nicht glaubt", sagte Denecke "Spiegel TV". Aus Schutz vor Übergriffen von Mitgefangenen sei er getrennt von den anderen Häftlingen untergebracht.

Die Strafverteidigerin kritisierte auch den Faservergleich der Ermittler: Die Faserspuren seien lediglich als materialgleich beschrieben worden. Es gebe keine Aussage zur Farbe und auch keine individualisierbaren Merkmale. An der Plastiktüte, in der Kassandras Jacke gefunden wurde, gebe es zudem Fingerspuren, die nicht von dem 14-Jährigen stammten.

Doch das Amtsgericht Wuppertal entschied noch am Dienstag, dass der Schüler vorerst in Haft bleiben muss. Nun muss das Landgericht Wuppertal über die Beschwerde entscheiden. Ein Datum dafür steht noch nicht fest.

Kassandra selbst wird den Ermittlern vorerst keine große Hilfe sein. Das Mädchen liegt weiterhin im Krankenhaus. Bei einer ersten Befragung vergangene Woche konnte sie sich nicht an die Tat erinnern. "Wir warten weiter auf eine Nachricht, dass das Erinnerungsvermögen wieder einsetzt", sagte ein Sprecher der Polizei.

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