Fall Anneli:"Ersparen Sie uns diese Folter", sagt Annelis Vater

Anneli-Prozess vor Abschluss

Blumen und Kerzen liegen am 19.08.2015 im sächsischen Lampersdorf an der Einfahrt des Bauernhofes, in dem die Polizei Anneli gefunden hat.

(Foto: dpa)

Die 17-jährige Anneli wird ermordet. Einer der Angeklagten weist dem anderen die Schuld zu, der schweigt. Eine Qual für die Eltern, die jeden Prozesstag im Gerichtssaal verfolgen.

Von Hans Holzhaider

Der Tag, an dem Anneli-Marie Riße entführt wurde, war einer der letzten Ferientage im Sommer 2015. Sie war 17 Jahre alt. Sie hatte liebevolle Eltern, einen Bruder, eine Schwester, einen großen Freundeskreis. Sie freute sich auf ihr letztes Schuljahr. Sie spielte gern Klavier und Gitarre, sie lernte gern fremde Sprachen - die Welt stand ihr offen.

Bis zu jenem 13. August. An diesem Tag lauerten ihr zwei Männer auf, als sie am frühen Abend, wie jeden Tag, mit ihrem Fahrrad über die Feldwege bei Robschütz im Landkreis Meißen fuhr, um den Jagdhund Paula auszuführen. Einer der beiden Männer zerrte sie vom Fahrrad, versuchte, sie mit Äther zu betäuben und stieß das Mädchen, das sich heftig wehrte, ins Auto. Dann fuhren sie mit ihr davon.

Uwe Riße, Annelis Vater, saß auf dem Rasenmäher, als das Handy klingelte. Sie hätten seine Tochter, sagte der Anrufer. Sie wollten 1,2 Millionen Euro. Der Vater hielt das zuerst für einen schlechten Scherz. "Wollen Sie sie hören?", fragte der Anrufer. "Dann habe ich sie zum letzten Mal gehört", sagt der Vater. "Es war so ein ungläubiges Schreien, als ob sie denkt: Das kann doch alles nicht wahr sein."

Uwe Riße besorgte das Geld. Am nächsten Tag riefen die Entführer noch einmal an, dann nicht mehr. Vier Tage später fand die Polizei Annelis Leiche, nackt, mit einem Spanngurt um den Hals, notdürftig mit Sand bedeckt, neben einem Bauernhof, nur zehn Kilometer von ihrem Elternhaus entfernt.

Jetzt stehen die Täter vor Gericht. Seit dem 30. Mai verhandelt das Landgericht Dresden gegen Markus Beisser, 40, und Norbert Klein, 62. An jedem der bisher elf Verhandlungstage haben Annelis Eltern Uwe und Ramona Riße ihre Plätze an der Fensterseite des Gerichtssaals eingenommen und zugesehen, wie die beiden Angeklagten in den Saal geführt werden. Norbert Klein hat zugegeben, dass er das Entführungsauto fuhr. Aber mit dem Mord an Anneli, sagte er, habe er nichts zu tun. Das habe Markus Beisser allein getan.

Markus Beisser schweigt. Er hat bei der Polizei geschwiegen, beim Ermittlungsrichter, beim Psychiater, und er schweigt im Prozess. Auch wenn Annelis Vater, nur mühsam beherrscht, ihn auffordert: "Reden Sie endlich. Stehen Sie zu Ihrer Tat. Ersparen Sie uns diese Folter."

Wie wird das Gericht urteilen?

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