Süddeutsche Zeitung

Fährunglück vor Südkorea:Kapitän festgenommen

Lesezeit: 2 min

Polizei verhaftet Kapitän der "Sewol" +++ Taucher dringen ins Schiffsinnere vor +++ Starke Strömung und schlechte Sicht erschweren Rettungsarbeiten +++ Unglücksursache weiter ungeklärt

Die aktuellen Entwicklungen im Newsblog

  • Polizei verhaftet Kapitän
  • Taucher dringen ins Schiffsinnere vor
  • Bislang 28 Todesopfer, Suche nach 270 Vermissten geht weiter
  • Starke Strömung und schlechte Sicht erschweren Rettungsarbeiten
  • Unglücksursache weiter ungeklärt

Kapitän der "Sewol" festgenommen: Die Polizei hat einem Agenturbericht zufolge den verantwortlichen Kapitän verhaftet. Der 69-jährige Lee Joon Seok sei in Gewahrsam genommen worden, meldet die Agentur Yonhap. Ihm wird unter anderem die Vernachlässigung von Dienstpflichten und die Verletzung des Seerechts vorgeworfen. Den Ermittlern zufolge wurde das Schiff zum Unglückszeitpunkt nicht vom Kapitän gesteuert, sondern von einem noch relativ unerfahrenen Kollegen. Lee habe sich zu diesem Zeitpunkt "hinten" im Schiff befunden, sagte Staatsanwalt Park Jae Eok. Auch gegen den diensthabenden Steuermann sowie ein weiteres Besatzungsmitglied wurden Haftbefehle wegen unterlassener Hilfeleistung erlassen.

Taucher dringen ins Wrack vor: An der Unglücksstelle suchen die Rettungsmannschaften weiter fieberhaft nach Überlebenden. Den Tauchern sei es gelungen in das Innere des Wracks vorzudringen, allerdings hätten sie nur die Frachträume erreicht, teilte die Küstenwache mit. Mehrere Versuche, die Bereiche zu erreichen, in denen sich Passagiere aufhielten, gescheitert. Es wird befürchtet, dass im Rumpf der mehrstöckigen Fähre ein Großteil der über 470 Insassen eingeschlossen wurde. Einige der Passagiere könnten Experten zufolge den Untergang zunächst in einer Luftblase überlebt haben. Allerdings sei es angesichts der niedrigen Wassertemperatur und des schwindenden Sauerstoffs unwahrscheinlich, darin mehr als zwei Tage zu überleben. Dennoch werde noch immer Luft ins Innere der Fähre gepumpt. Bisher wurden nach offiziellen Angaben 28 Leichen aus dem Wasser um das am Mittwoch vor der Südwestküste gekenterte Schiff geborgen. Fast 180 Menschen konnten gerettet werden, 270 gelten als vermisst.

Wetterlage erschwert die Rettungsarbeiten: Eine starke Strömung, Wind, Nieselregen und schlechte Sicht erschweren die Arbeiten an der Unglücksstelle. Mehr als 500 Taucher beteiligen sich an den Rettungsaktionen. Die Taucher hätten unter Wasser eine so schlechte Sicht, dass sie sich praktisch nur auf ihr Tastgefühl verlassen könnten, hieß es. "Nicht einmal die weiße Farbe des Schiffs können wir sehen", sagte ein Taucher. Nach Berichten der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap beteiligen sich 169 Boote, darunter auch Schiffe der US Navy und 29 Flugzeuge an der Suche nach Überlebenden. Mittlerweile sind auch zwei Schwimmkräne am Unglücksort eingetroffen. Weitere sollen noch folgen, um das Wrack zu heben.

Kritik an Verantwortlichen wächst: Am dritten Tag nach dem Fährunglück gerät die Besatzung zunehmend in die Kritik. Obwohl das Schiff in Schieflage geriet, habe die Brücke zunächst nicht die Evakuierung angeordnet, berichteten südkoreanische Medien. Überlebende berichten, dass sich mehr Passagiere hätten retten können, wenn diese nicht wiederholt angewiesen worden wären, sich nicht von der Stelle zu bewegen. "Bleiben Sie, wo Sie sind. Wenn Sie sich wegbewegen, könnte es gefährlicher werden", wurden Durchsagen zitiert. Unklar bleibt auch, warum die meisten Rettungsboote nicht zu Wasser gelassen worden seien. Unter den Angehörigen wächst die Wut auf die Behörden, die erst keine Zahlen liefern konnten und später die Angaben über Vermisste und Gerettete korrigieren mussten. 325 Teenager einer Oberschule aus Seoul waren zusammen mit Lehrern auf dem Weg von der westlichen Küstenstadt Incheon zur südlichen Ferieninsel Jeju, als das Schiff am Mittwochmorgen in Seenot geriet und einen Notruf absetzte.

Wendemanöver als Unglücksursache? Experten vermuten, dass das Schiff auf einen Felsen lief oder eine scharfe Kurve fuhr, wodurch die Ladung - darunter mehr als 150 Autos - verrutschte, was das Schiff zum Kentern brachte. Einige Passagiere wollen einen Knall beziehungsweise ein "pochendes Geräusch" gehört haben, bevor das Schiff gestoppt habe. Der Kapitän Lee Joon Seok sagte jedoch der Zeitung "Dong AIlbo", die Fähre sei "plötzlich gesunken", einen Felsen habe er nicht gerammt. Andere Quellen berichteten, dass die Fähre von der üblichen Route abgewichen sein soll. Auch ein Motorschaden wurde nicht ausgeschlossen.

Linktipps:

Die Ereignisse vom Vortag im Newsblog

Die BBC hat hier SMS von Passagieren des sinkenden Schiffs sowie Berichte von Überlebenden zusammengetragen

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