Extrem-Fallschirmspringer Baumgartner:Felix Angstfrei

Ist ein Leben für den Nervenkitzel nicht Kokolores? Felix Baumgartner plant, heute aus 36.576 Metern Höhe mit dem Fallschirm abzuspringen. Schon immer wollte er ganz nach oben, an die Spitze. Er hat keine Angst, tief zu fallen.

Marc Felix Serrao

Wenn Felix Baumgartner über sich selbst spricht, dann klingt das mitunter so, als hätte er seinen Sätzen vorher eine Testosteronspritze verpasst. "Ich wollte schon immer an der Spitze stehen. Mein ganzes Leben ist darauf ausgerichtet, dort hinzukommen. Aber je höher du kommst, desto tiefer fällst du. Davor fürchten sich die meisten Leute. Ich nicht."

An diesem Dienstag will der 43 Jahre alte österreichische Abenteurer tatsächlich an der Spitze stehen. Ein riesiger Heliumballon soll ihn, wenn Wind und Wetter mitspielen, über der Wüste New Mexicos bis in die Stratosphäre tragen, in eine Höhe von 36.576 Metern (120.000 Fuß). Dort angekommen, will Baumgartner die Luke seiner Flugkapsel öffnen, mit Druckanzug am Leib und Fallschirm am Rücken in die Live-Kamera lächeln - und raushüpfen.

Felix Baumgartner

Felix Baumgartner demonstriert ein Stück der Außenhülle des Heliumballons, der ihn bis in die Stratosphäre tragen soll.

(Foto: AP)

Wenn alles gutgeht, werden an diesem Tag die Rekorde nur so purzeln. Der höchste bemannte Ballonflug. Der höchste Absprung mit Fallschirm. Der längste freie Fall, in Metern und Sekunden. Und der schnellste: bis zu 1100 Kilometer in der Stunde. Überschallgeschwindigkeit. Wenn etwas schiefgeht, irgendetwas, dann wird Baumgartner wohl nicht überleben.

Zwei Fragen drängen sich dem normalen und normal höhenängstlichen Menschen auf. Wer ist dieser Kerl, den Freunde und Helfer "Fearless Felix" nennen, den angstfreien Felix? Und was soll das Ganze?

Schlosser, Boxer, Fallschirmjäger

Die erste Frage ist schnell beantwortet. Baumgartner, ein gelernter Maschinenschlosser und früherer Boxer mit kantigem Kinn und Sinn für Selbstdarstellung, kletterte schon als Kind auf jeden Baum und lernte bereits mit 16 Jahren Fallschirmspringen. Später hüpfte er fürs österreichische Militär aus Flugzeugen. Doch auf Dauer kam er mit der Hierarchie nicht klar. Der junge Fallschirmjäger, sagt sein ehemaliger Kompaniechef im Film "The Felix Baumgartner Story", habe ihm "viele graue Haare" beschert.

Felix Baumgartner Porträt Fearless Felix

Aus mehr als 36 Kilometern Höhe will der österreichische Basejumper Felix Baumgartner am Dienstag über New Mexico abspringen. Klappt der Stunt, fallen etliche Rekorde.

(Foto: Joerg Mitter; Red Bull/dpa)

Nach dem Militär wird Baumgartner Profi-Basejumper, finanziert von derselben österreichischen Brausefirma, die ihn heute noch unterstützt. In dem hochriskanten Sport, bei dem man per Fallschirm von Häusern, Felsen oder Brücken springt, gilt er rasch als einer der Wagemutigsten. Er hüpft von den höchsten Wolkenkratzern und in die tiefsten Höhlen hinab. Einmal rast er, nur an Carbonflügeln befestigt, über den Ärmelkanal. In sechseinhalb Minuten.

Bleibt die Sinnfrage. Ist das, ist so ein Leben für den Nervenkitzel nicht Kokolores? Aus Sicht vieler Menschen ja. Zu viel Testosteron, spotten die einen. Was man mit dem Geld hätte Gutes tun können, jammern die anderen. Baumgartner selbst hat vor seinem aktuellen Sprung auf die minutiöse Planung seines Teams verwiesen. Auf das Interesse der Wissenschaft an den Folgen seines überschallschnellen Freifalls. Aber seine schönste Antwort auf das Unverständnis der Vernunftmenschen ist schon etwas älter. Es ist ein Zitat eines anderen Grenzgängers, Jim Morrison: "Ich hol' mir meinen Kick, bevor das Scheißhaus hier in Flammen steht."

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