Bei der Explosion einer Treibstoffleitung in der nigerianischen Metropole Lagos sind am Dienstag mehr als 850 Menschen getötet worden. Nach Angaben eines Sprechers des nigerianischen Roten Kreuzes vom Dienstagabend gab es weitere Opfer, deren Leichen seien aber noch nicht geborgen worden.
Trauer in Nigeria nach der Katastrophe
(Foto: Foto: AP)Wie Augenzeugen berichteten, war der Unglücksort mit verkohlten Leichen übersät. Nach Polizeiangaben gingen auch 60 Häuser und 52 Autos in Flammen auf. Augenzeugen berichteten, dass vor der Explosion zwei Diebesbanden nacheinander dieselbe Leitung angebohrt hatten, um illegal Treibstoff abzuzapfen.
Die Diebe hätten die Leitung über Nacht geöffnet, hieß es weiter. Anschließend seien Hunderte Menschen gekommen, um Treibstoff abzuzapfen. Eine Gruppe soll 150 000 Liter in mehrere Tanks gefüllt haben. Das Unglück ereignete sich in Abule Egba, einem dicht besiedelten Teil von Lagos, der Wirtschaftsmetropole und größten Stadt des westafrikanischen Landes.
Vertreter der Regierung trafen am Unglücksort ein. Die staatliche Gesellschaft Nigeria National Petroleum Corporation stoppte den Betrieb der Leitung. Wegen der Flammen und der enormen Hitze könnten die Rettungskräfte nicht nah genug an den Unglücksort herankommen, sagte Ige Oladimeji vom Roten Kreuz.
In Nigeria starben in den vergangenen Jahren mindestens tausend Menschen bei Unglücken dieser Art. Allein im Mai kamen bis zu 200 Menschen bei der Explosion einer Pipeline um, als Öldiebe in Lagos versuchten, den Rohstoff abzuzapfen.
Im September wurden bei einer Pipeline-Explosion Dutzende Menschen auf einer Insel in der Nähe von Lagos getötet. Immer wieder versuchen Arme und Arbeitslose durch Plünderungen von Treibstoff- und Rohölleitungen den Lebensunterhalt ihrer Familien zu sichern.
Nigeria ist mit etwa 130 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Es gehört zu den bedeutendsten Wirtschaftsmächten des Kontinents. Doch Korruption, Machtmissbrauch, Menschenrechtsverletzungen sowie Religions- und Stammeskonflikte behindern die Entwicklung des rohstoffreichen Landes an der Westküste.
Der größte Teil der Bevölkerung ist völlig verarmt. Nigeria fördert 2,5 Millionen Barrel Öl pro Jahr und bezieht mehr als 90 Prozent seiner Deviseneinnahmen und 80 Prozent seines Haushalts aus dem Export des Rohstoffs. In vier Monaten sollen dort Wahlen stattfinden.