Europas Monarchien:Die über dem Volk thronen

Der spanische König Juan Carlos hat abgedankt, sein Sohn Kronprinz Felipe soll seine Nachfolge antreten. Für Kritiker ein willkommener Anlass, um über Sinn und Unsinn der Erbmonarchie zu sprechen. Doch wer thront eigentlich in den Königs- und Fürstenhäusern Europas? Und wie hält es das jeweilige Volk mit seinen Royals?

Ein Überblick der SZ-Korrespondenten.

21 Bilder

Spaniens Infantin Elena wird 50

Quelle: dpa

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IDer spanische König Juan Carlos hat abgedankt, sein Sohn Kronprinz Felipe soll seine Nachfolge antreten. Für Kritiker ein willkommener Anlass, um über Sinn und Unsinn der Erbmonarchie zu sprechen. Doch wer thront eigentlich in den Königs- und Fürstenhäusern Europas? Und wie hält es das jeweilige Volk mit seinen Royals?

Die Korrespondenten- und Mitarbeiter der SZ stellen die wichtigsten Königs- und Fürstenhäuser Europas vor und beleuchten deren Beziehung zu ihrem Volk.

Im Bild: Die spanische Königsfamilie bei einem gemeinsamen Urlaub auf Mallorca in 2011.

Inauguration Ceremony - Queen Beatrix Abdication and King Willem

Quelle: dpa

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Europas Monarchien:Spanien

Das Verhältnis zwischen Volk und Monarchie:

Juan Carlos war lange Zeit mit einer Zustimmung von rund 75 Prozent der beliebteste Politiker des Landes. Das Ansehen des Königs geht vor allem auf sein Eintreten für die Demokratie im Jahr 1981 zurück, als er sich einer reaktionären Offiziersclique aus Anhängern des verstorbenen Diktators Franco entgegenstellte. Doch nun ist es so, als habe die Abdankungsrede von König Juan Carlos, die am Montag immer und immer wieder im Fernsehen lief, der lange eingeschlafenen republikanischen Bewegung eine Vitaminspritze verpasst. Umfragen zufolge meint mehr als die Hälfte aller Spanier unter 35 Jahren, dass das Land sehr gut auf einen König verzichten könne. Diese Stimmung ist vor allem eine Folge der Wirtschaftskrise, in die eine in Luxus lebende Königsfamilie nicht passt.

Streitpunkte und Krisen - Teil 1:

Der Grund für den Rückgang der Popularitätswerte liegt in zwei Affären: Ihm Frühjahr 2012 wurde bekannt, dass sich Juan Carlos bei einer Safari in Botswana vergnügt hat, während seinem Volk ein überaus rigoroses Sparprogramm auferlegt wurde. Überdies war er in Damenbegleitung - und die Dame war nicht seine Ehefrau, sondern eine deutsche Prinzessin aus dem Hause Sayn-Wittgenstein. Dann hat er auch noch bei der Safari einen Elefanten abgeschossen, obwohl er als Ehrenpräsident des spanischen WWF doch oberster Tierschützer des Landes sein sollte.

Streitpunkte und Krisen - Teil 2:

Die zweite Affäre betrifft Juan Carlos' Schwiegersohn Iñaki Urdangarin, der angeblich Millionen an staatlichen Fördergeldern in seine Privatschatulle gelenkt hat. Das Verfahren läuft, Urdangarin, Ehemann der Infantin Cristina, wurde vorsorglich von offiziellen Auftritten des Königshauses ausgeschlossen.

Im Bild: Letizia und Felipe von Spanien beim Thronwechsel in den Niederlanden.

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Quelle: screenshoot Rann Safari

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Europas Monarchien:Spanien

Die Kostenfrage:

Um einer weiteren öffentlichen Debatte vorzubeugen, hat der Königshof im vergangenen Jahr erstmals die Höhe der Apanage veröffentlicht, die ihm das Parlament zugesteht. Die konservative, königstreue Presse wurde nicht müde zu betonen, dass die spanischen Bourbonen im Gegensatz zu anderen europäischen Königshäusern den Steuerzahler wenig kosten, weil sie bescheiden leben.

Die Monarchie - ein zukunftsfähiges Modell?

Keine der großen Parteien, auch die Sozialisten nicht, stellen das Königstum in Frage. Letztere vielleicht, weil Juan Carlos diverse Male angedeutet hat, dass er deren nicht Sozialprogramme unterstützt. Doch erstmals überwog 2012 in der jungen Generation bis 29 Jahre die Ablehnungsfront: Etwa 60 Prozent der jungen Spanier wollen die Monarchie abschaffen. Doch ab dem 30. Lebensjahr ist die Mehrheit dafür, je älter, desto mehr.

Thomas Urban, Madrid

Im Bild: König Juan Carlos während einer Elefantenjagd. 

Peking 2008 - Liebespaare bei Olympia

Quelle: dpa

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Europas Monarchien:Schweden

Das Verhältnis zwischen Volk und Monarch:

Ein höflich desinteressiertes Auf und Ab prägte viele Jahre lang das Verhältnis zwischen den Schweden und ihrem König Carl XVI. Gustaf und den Seinen. Vor drei Jahren etwa wollten einer Umfrage zufolge nur noch 56 Prozent ihrer Untertanen an der Monarchie festhalten. Die Mitglieder der Familie Bernadotte lebten von der Öffentlichkeit zurückgezogener als viele ihrer europäischen Amtskollegen - auch zum Bedauern deutscher Royalisten, die das Schicksal von Königin Silvia stets aufmerksam verfolgten. Schließlich hatte die als Silvia Sommerlath geborene Deutsche den späteren König bei den Olympischen Sommerspielen in München 1972 kennengelernt.

Streitpunkte und Krisen:

2010 war es nicht gut um den Ruf des Königshauses bestellt, um nicht zu sagen, die königliche Familie drohte regelrecht in Verruf zu geraten. Die von der Klatschpresse als "Summer of Love" hochgejubelte Hochzeit von Kronprinzessin Victoria und ihres Daniel Westling zog nicht die erhofften Massen an Schaulustigen an. Ein TV-Sender berichtete, dass sich Silvias Vater im Dritten Reich an der Enteignung von Juden bereichert habe. Und dann kam mit der nicht autorisierten Biografie "Der widerwillige Monarch" auch noch ein Buch auf den Markt, das Carl Gustaf mit Prostituierten und der Halbwelt in Verbindung brachte - Vorwürfe, von denen sich der König nie wieder ganz erholen sollte.

Im Bild: König Carl XVI. Gustaf von Schweden und seine Frau Königin Silvia zu Besuch in Guangzhou, China

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Quelle: AFP

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Die Kostenfrage:

Mehr als 20 Millionen Euro lässt sich Schweden sein royales Staatsoberhaupt kosten - etwa die Hälfte entfällt jeweils auf die direkte Apanage des Königs und den Unterhalt des Hofstaats. Jeder Einwohner des skandinavischen Landes zahlte 2010 laut europäischem Vergleich damit pro Jahr etwa 1,30 Euro für die Bernadottes - deutlich weniger zwar als die Norweger (sechs Euro) und die Dänen (drei Euro), aber wesentlich mehr als die Deutschen für den Bundespräsidenten löhnten. Das waren nämlich gerade mal 37 Cent.

Die Monarchie - ein zukunftsfähiges Modell?

Keine Skandale, keine Abenteuer, nur eine berührende Liebesgeschichte und ein überzeugendes Lächeln hat Kronprinzessin Victoria zu bieten; und es funktioniert: Seit sie nach etlichen Widerständen aus ihrer Familie 2010 den Fitnesstrainer Daniel Westling heiratete, ist die heute 35-Jährige mehr und mehr zum Gesicht der Königsfamilie geworden - und die Zustimmungsraten zur Monarchie steigen. Die Geburt von Töchterchen Estelle versetzte im Februar 2012 das ganze Land in Verzückung. Auch Prinzessin Madeleine bekam im Februar 2014 eine Tochter. Und bei einer Umfrage Anfang Januar - im Jahr des 40. Thronjubiläums von Carl Gustaf - plädierten nur 23 Prozent der Schweden für eine Abschaffung der Monarchie. Allerdings wünschen sich zwei Drittel der Untertanen, dass der 66-Jährige das Zepter so bald wie möglich an Victoria übergibt.

Lena Jakat

Im Bild: Kronprinzessin Victoria von Schweden mit ihrem Mann Prinz Daniel, Prinz Carl Philip, Prinzessin Madeleine und ihr Mann Christopher O'Neill bei den Feierlichkeiten zum 40. Thronjubiläum von Schwedens König.

Königin Sonja von Norwegen wird 75

Quelle: picture alliance / dpa

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Europas Monarchien:Norwegen

Das Verhältnis zwischen Volk und Monarch:

Die norwegische Königsfamilie gilt als vergleichsweise zurückhaltend, König Harald V. als bodenständig und bescheiden - aber distanziert. Seit dem Massaker von Utøya hat der Monarch jedoch deutlich an Beliebtheit gewonnen. Die Augen des Volkes und einer Weltöffentlichkeit waren während des Gedenkgottesdienstes für die 77 Opfer der Anschläge auf den Monarchen und die Königsfamilie gerichtet. Der 76-Jährige stand an diesem Sonntagvormittag im Osloer Dom und weinte leise. Er wirkte unprätentiös - und ehrlich. Unter den Opfern war auch der Stiefbruder der Kronprinzessin Mette-Marit.

Streitpunkte und Krisen: Als Harald V. 1991 im Alter von 53 Jahren den Thron bestieg, behielt er den Leitspruch seines Vater und Großvaters bei: "Alt for Norge" ("Alles für Norwegen"). Der passionierte Regatta-Segler hat sich seitdem politisch sehr zurückgehalten, ging jedoch hart gegen Paparazzi vor, die Aufnahmen aus dem privaten Sommerurlaub des Königspaares veröffentlichten. Neun Jahre lang musste er auf die Zustimmung seines Vaters warten, bis er seine bürgerliche Freundin Sonja Haraldsen 1968 heiraten durfte. Daher akzeptierte er wohl auch die Liebesheirat seines Sohnes Haakon mit der alleinerziehenden Mette-Marit, deren wilde Partyvergangenheit monatelang in den bunten Blättern ausgebreitet wurde. Doch geschadet hat die Heirat dem Ansehen der Monarchie nicht - eher im Gegenteil.

Im Bild: König Harald und Königin Sonja bei den Feierlichkeiten zum 75-jährigen Geburtstag der Regentengattin. 

Norwegian National Day

Quelle: Getty Images

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Europas Monarchien:Norwegen

Die Kostenfrage:

Im vergangenen Jahr kann das Kronprinzenpaar der Agentur dana press zufolge über 1,13 Millionen Euro verfügen (3,4 Prozent mehr als im Vorjahr). Die Apanage für das Königspaar Harald und Sonja von Norwegen beträgt etwa 1,35 Millionen Euro (1,6 Prozent mehr als im Vorjahr). Im Februar 2012 geriet Mette-Marit jedoch in die Kritik, weil sie 175.000 Euro mehr forderte, um die Betreuung ihrer drei Kinder bezahlen zu können. Dazu erklärte eine Hofsprecherin: "Das Arbeitsrecht verlangt, dass - falls das Kronprinzenpaar verreist ist - drei Pädagogen für drei Kinder anwesend sind."

Die Monarchie - ein zukunftsfähiges Modell?

König Harald V. denkt nicht ans Aufhören. "Man ist so lange König, wie man lebt", ließ er Anfang des Jahres ausrichten. Doch seine Untertanen zweifeln an diesen Worten, schließlich gilt der 76-Jährige als gesundheitlich schwer angeschlagen, hat mehrere Krebs- und Herzoperationen hinter sich. Kronprinz Haakon konnte also schneller als zuvor geplant auf den Thron folgen. Haakon bemüht sich derweil die Tradition der Monarchie an das 21. Jahrhundert anzupassen. Er nutzt soziale Medien, geht auf Rockkonzerte. Mette-Marit twittert, engagiert sich für Aids-Kranke und sorgte für Aufsehen, als sie nach Indien flog, um für ein Schwulen-Paar deren dort von einer Leihmutter geborene Zwillinge heimzuholen. Die eigenen drei Kinder nahm das Thronfolgerpaar für drei Monate aus der Schule, um sie mit auf eine Weltreise zu nehmen.

Jana Stegemann

Im Bild: Prinzessin Mette-Marit und Prinz Haakon mit ihren drei Kindern Sverre Magnus, Ingrid Alexandra und Marius.

40-jaehriges Thronjubilaeum von Koenigin Margarethe von Daenemark

Quelle: AP

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Europas Monarchien:Dänemark

Das Verhältnis zwischen Volk und Monarch:

Königin Margrethe II. ist bei ihren Untertanen sehr beliebt. Eine Umfrage anlässlich ihres 40-jährigen Thronjubiläums im vergangenen Jahr ergab mehr als 80 Prozent Zustimmung für die Monarchin. Auf einen möglichen altersbedingten Rücktritt angesprochen, sagte die 73-Jährige: "Ich bleibe, bis ich aus den Pantoffeln kippe". In Dänemark ist eine Frau auf dem Thron etwas Besonderes. Nach Margrethe I., die bis 1412 lebte, ist Margrethe II. die zweite Frau an der Spitze Dänemarks. Zuvor hatten mehr als 500 Jahre Männer das nordische Land regiert. Die parlamentarische Monarchin nimmt fast ausschließlich repräsentative Pflichten wahr und keinen Einfluss auf die Tagespolitik. Dennoch: Jedes Gesetz bedarf ihrer Unterschrift, bevor es Gültigkeit erlangt, allerdings muss es noch von einem Minister gegengezeichnet werden. Königin Margrethe II. gilt als sprachbegabt und witzig, hat neben ihrem Job für die Krone auch Bekanntheit als Malerin und Grafikerin erlangt. Die in den fünfziger Jahren entworfene Margrethe-Rührschüssel gilt heute als Design-Klassiker.

Streitpunkte und Krisen:

Februar 2002: Da saß Prinz Henrik, der Mann von Königin Margrethe, nun, allein auf dem königlichen Weinschloss der Familie in Südfrankreich und schmollte. Er brauche eine "sehr, sehr lange Denkpause", sagte der Prinzgemahl in einem sehr offenherzigen Interview: "Nach 30 Jahren in Dänemark tut man so, als sei ich die Nummer drei. Als trete der Kronprinz an meine Stelle. Dieses Spiel mache ich nicht mit. Ich bin die Nummer zwei. Das muss ich sein. Man kann die Hierarchie nicht einfach ändern." Anlass seines Grolls: Beim Neujahrsempfang durfte Kronprinz Frederik in Vertretung der erkrankten Margrethe II., als Gastgeber auftreten. Daraufhin flüchtete Henrik und fehlte auch auf der Hochzeit des niederländischen Thronfolgerpaares. Scheidungsgerüchte machten die Runde, doch kurz darauf reisten Königin Margrethe II. und Kronprinz Frederik zu "klärenden Gesprächen" nach Frankreich.

Im Bild: Königin Margrethe II. mit Prinz Henrik anlässlich ihres 40-jährigen Thronjubiläums 2012.  

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Quelle: Imago Stock&People

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Europas Monarchien:Dänemark

Die Kostenfrage:

Mit den Worten "Gud bevare Danmark" schließt Königin Margrethe II. jedes Jahr ihre Silvesteransprache ab. Erst 2010 erfuhren die Dänen, was sie dieser fromme Wunsch aus royalem Mund jährlich kostet: 342 Millionen Kronen (etwa 45 Millionen Euro). In diesem Betrag sind alle Ausgaben des Kopenhagener Königshauses enthalten, von der direkten Apanage bis zur Unterhaltung von sechs Schlössern. Nach Überzeugung des ehemaligen Ministerpräsidenten Lars Lokke Rasmussen ein fairer Preis: "Unser Königshaus ist jede Krone und jede Öre wert."

Die Monarchie - ein zukunftsfähiges Modell?

Obwohl mehr als drei Viertel aller Dänen hinter Königin Margrethe II. stehen, formiert sich auch Widerstand in Form von Mitgliedern der Republikanischen Verfassungsbewegung. Die halten die Königsfamilie samt Hofhaltung für eine "ziemlich teure Museumsveranstaltung". Margrethe II. befindet sich zwar schon längst im Pensionsalter, hat nach eigener Aussage jedoch nie über eine Abdankung nachgedacht: "Ich war immer der Meinung, dass es eine Verpflichtung fürs Leben ist." Umstritten bei den Untertanen war allerdings ihre Rolle als Kettenraucherin - seit 2007 raucht die Monarchin daher nicht mehr in der Öffentlichkeit. Unumstritten ist jedoch weiter ihre Beliebtheit, was man über ihren Sohn, Kronprinz Frederik, nicht unbedingt sagen kann. Er litt in seiner Jugend unter einem strengen Vater und einer fernen Mutter, verfluchte sein Los sogar in der Öffentlichkeit und galt lange als mürrisch. Erst durch seine Heirat mit der Australierin Mary und den vier aus der Ehe hervorgegangen Kindern schloss ihn das Volk ein wenig mehr in sein Herz. Doch bis heute gilt das Thronfolgerpaar als versnobt. Mary macht allenfalls als verwöhnte Mode-Ikone Schlagzeilen. Dafür erfreut sich die Gratis-Smartphone-App von Königin Margrethe II. großer Beliebtheit bei ihren Fans.

Jana Stegemann

Im Bild: Kronprinzessin Mary und Kronprinz Frederik auf dem Weg zur Hochzeit in Luxemburg im Oktober 2012.

Crown Prince Philippe and Crown Princess Mathilde of Belgium arrive at Nieuwe Kerk church before the religious crowning ceremony in Amsterdam

Quelle: REUTERS

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Europas Monarchien:Belgien

Das Verhältnis zwischen Volk und Monarch:

Alles in allem mögen die Belgier ihr Königshaus. Ob das allerdings auch für König Philippe gilt, muss sich wohl erst noch erweisen. Denn der 53-Jährige übernahm erst im Juli die Regentschaft von seinem Vater, Albert II., der nach zwei Jahrzehnten abdankte. Gemeinsam mit seiner Frau Mathilde steht Philippe jetzt an der Spitze des Landes. Eine starke republikanische Bewegung gibt es in Belgien nicht. Die Liebe zur Monarchie ist unter den französischsprachigen Wallonen vermutlich etwas größer als unter den niederländischsprechenden Flamen. Dass die Monarchie im Land gefestigt ist, liegt möglicherweise daran, dass die Menschen wenigstens bei der Repräsentation des Staates eine zuverlässige Kontinuität haben wollen, wo doch die Bildung von Regierungen nach Wahlen von Mal zu Mal schwieriger wird. Allerdings eilt dem neuen König Philippe gerade in diesem Punkt nicht der Ruf der Neutralität voraus.

Streitpunkte und Krisen:

Das Königshaus gilt als wichtige Klammer in dem von Spaltung bedrohten Land. Wie in jeder konstitutionellen Monarchie hält sich der König im Allgemeinen peinlichst aus der Tagespolitik heraus. Albert II. gelang das gut, Philippe muss erst noch zeigen, ob dies auch für ihn gilt. Vor Jahren ließ sich er sich jedenfalls einmal zu einer Attacke auf die flämischen (Rechts-)Nationalisten hinreißen - und verstieß damit gegen das Neutralitätsgebot der Monarchie. Möglicherweise bezog sich darauf ein Satz, den er zu seiner Krönung sagte: "Ich bin mir meiner Verantwortung wohl bewusst."

Abseits der politischen Bühne bereitete sich das Königshaus sich seine Krisen in der Regel selbst: Zuletzt sorgte die Vaterschaftsklage der Künstlerin Delphine Boël für Wirbel. Seit Jahren kämpft die 45-Jährige darum, offiziell als Kind von König Albert II. anerkannt zu werden. Sie will den Ex-Monarchen per Gerichtsverfahren zu einem DNA-Test zwingen. Prinz Laurent, zweitältester Sohn von Albert II., pflegt schnelle Autos viel zu schnell zu fahren und auch anderweitig über die Stränge zu schlagen. Den Ärger der Regierung hat er einmal provoziert, als er auf eigene Faust Wirtschaftsdiplomatie zu treiben suchte. Auch ein Skandal um die alte und sehr beliebte Königin Fabiola (die Witwe von Alberts Vorgänger und Bruder König Baudouin) beschäftigt das Land, von dem aber noch nicht klar ist, ob es wirklich ein Skandal ist: Durch eine Stiftung soll sie versucht haben, unter Umgehung der belgischen Steuer Geld an Neffen und Nichten in Spanien zu schleusen.

Im Bild: Das Königspaar Philippe und Mathilde beim Thronwechsel in den Niederlanden.

König Albert und Königin Paola

Quelle: dpa

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Die Kostenfrage:

Die Apanage für die Mitglieder des belgischen Königshauses wird demnächst auch für die meisten von ihnen abgeschafft oder stark reduziert. Darauf hat sich das belgische Parlament schon im vergangenen Jahr geeinigt. Wir groß das Privatvermögen des Königshauses ist, weiß niemand. Es soll aber nicht so reich sein wie das niederländische, dessen Besitz unter anderem wegen seiner Anteile am Öl-Konzern Shell auf bis zu 2,5 Milliarden Euro geschätzt wird. Aber arm sei der ehemalige König Albert auch nicht, heißt es in Brüssel.

Die Monarchie - ein zukunftsfähiges Modell?

Seit dem 21. Juli 2013 sind Philippe und Mathilde König und Königin von Belgien. Doch der neue Regent ist bei den Flamen nicht sehr beliebt und gilt - obwohl eigentlich ein freundlicher Mensch - als Vertreter der in Flandern verhassten, ehemaligen frankophonen Oberschicht. Mathilde trägt zwar von ihrer Familie her einen flämischen Adelstitel, ist aber im wallonischen Bastogne groß geworden. König Albert II. soll vor dem Thronwechsel immer wieder gezögert haben, den Thron an seinen Sohn zu übergeben.

Im Bild: Das ehemalige Königspaar, Albert und Paola.

Königin Beatrix dankt ab

Quelle: dpa

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Europas Monarchien:Niederlande

Das Verhältnis zwischen Volk und Monarchin:

Beatrix ist außerordentlich beliebt, das zeigen nicht zuletzt die überschwänglichen Dank- und Liebesbezeugungen nach ihrer Abdankungsrede. Sie hat es in den 33 Jahren auf dem Thron geschafft, gleichzeitig volksnah zu sein und doch distanziert und respektiert zu bleiben.

Streitpunkte und Krisen:

Um die Jahrtausendwende herum wurde die niederländische Monarchie immer unbeliebter. Das änderte sich unter anderem durch die Hochzeit des Kronprinzen Willem-Alexander mit der inzwischen sehr populären Argentinierin Máxima Zorreguieta im Jahr 2001. In den Krisen, die das Land danach erschütterten - wie die Morde an Pim Fortuyn und Theo van Gogh - war Beatrix ein Anker der Stabilität für ihr Volk. Ein Dämpfer war schließlich die Debatte über die angebliche Verschwendungssucht des Kronprinzen. Nach heftiger Kritik aus der Bevölkerung hat er eine luxuriöse Villa in Mosambik jetzt wieder verkauft. Seit Ende April ist Willem-Alexander König, ob er das Erbe seine Mutter würdig vertreten kann, wird sich zeigen.

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Quelle: AFP

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Europas Monarchien:Niederlande

Die Kostenfrage:

Die Monarchie kostet die Niederländer etwa 30 Millionen Euro im Jahr. Von Beatrix heißt es manchmal, sie sei noch vor Queen Elizabeth die reichste Frau Europas. Das alles beschäftigt die Niederländer sehr, mehrmals wurde das Haus Oranien aufgefordert, mit weniger Geld auszukommen, was der Königshof allerdings auch schon von sich aus angeboten hat. Letztlich halten die meisten Niederländer das Geld für die Monarchie für gut angelegt. Sie trägt nach Ansicht vieler dazu bei, das Land stabil und zufrieden zu halten.

Die Monarchie - ein zukunftsfähiges Modell?

Eine Niederlande ohne König oder Königin können sich die wenigsten vorstellen, auch wenn die ohnehin schon kleine politische Rolle des Monarchen vermutlich noch weiter begrenzt werden wird. Die Niederländer werden sich insofern eher dem skandinavischen Modell annähern, mit einer rein repräsentativen Funktion der Könige.

Thomas Kirchner, Niederlande-Experte der SZ; derzeit in München

Im Bild: Willem-Alexander und Máxima mit ihren drei Töchtern.

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Quelle: AFP

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Europas Monarchien:Großbritannien

Das Verhältnis zwischen Volk und Monarchie:

Die Beziehung der Briten zu ihrem Königshaus ist besser denn je. Zu den Feierlichkeiten anlässlich des 60. Thronjubiläums von Elisabeth II. im Sommer 2012 säumten mehr als eine Million Menschen die Themse. Dass die Queen anlässlich der Eröffnung der Olympischen Spiele in London gemeinsam mit Daniel Craig (alias: James Bond) in einem kleinen Film auftrat, hat sie noch beliebter gemacht.

Streitpunkte und Krisen:

Die letzte große Krise erlebte das Königshaus, als 1997 Prinzessin Diana bei einem Autounfall ums Leben kam. Die Queen äußerte sich zunächst nicht zum Tod der vormaligen Schwiegertochter, die sich nach 15 Ehejahren von Prinz Charles getrennt hatte. Ihr Schweigen führte dazu, dass sich die kritischen Stimmen mehrten - zumal Diana beim Volk extrem beliebt gewesen war. Erst mit einer bewegenden Rede brachte die Queen ihre Untertanen wieder auf ihre Seite.

Im Bild: Die Queen und Prinz Charles. 

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Quelle: AFP

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Die Kostenfrage:

Die Ausgaben für die Monarchie sind beim Volk kaum Thema, weil glaubhaft vorgerechnet wird, dass die Monarchie viel mehr Geld einbringt, als sie verbraucht. Das britische Königshaus ist nicht nur in Großbritannien, sondern auf der ganzen Welt populär, was dem Tourismus einen starken Antrieb gibt.

Die Monarchie - ein zukunftsfähiges Modell?

Die meisten Briten halten die Monarchie für zukunftsfähig, doch es gibt auch Andersdenkende: Etwa 25 Prozent geben in Umfragen an, dass sie ihr Land zur Republik machen wollen. Der Verein "Republic" kämpft für die Abschaffung der Monarchie - sie sei nicht zeitgemäß und führe zu einer Bevormundung der Bürger, die an der Spitze des Staates eine nicht gewählte, obskure Familie ertragen müssten. Außerdem, so die Meinung der Kritiker des Königshauses, sei das royale Brimborium schlicht peinlich.

Christian Zaschke, London

Im Bild: Prinz William und Herzogin Catherine mit Prinz George.

Prince Albert II of Monaco and Princess Charlene Visit Brandenburg Gate

Quelle: Getty Images

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Europas Monarchien:Monaco

Das Verhältnis zwischen Volk und Monarchie:

Das Verhältnis der Monegassen zu ihrem Fürsten ist gut bis sehr gut. Albert II. gilt als leutselig und umgänglich. Sein Engagement für den Sport und den Umweltschutz wird viel gelobt. Auch heißt es in Monaco, er nutze den Spielraum gut aus, den ihm die Schutzmacht Frankreich lasse. Hinter vorgehaltener Hand wird jedoch auch geklagt, Albert vergnüge sich lieber als zu regieren. Er solle energischer auftreten.

Streitpunkte und Krisen:

Monaco geriet unter Alberts Vater Rainier III. in den Ruf, Steuer-Oase und Schwarzgeld-Paradies zu sein. 2008 setzte die OECD das Fürstentum deshalb auf eine "Graue Liste". Albert leitete die Umkehr ein. Er schloss mit vielen Staaten, darunter Deutschland, Steuerhilfe-Abkommen. Außerdem lässt er Verträge und Bilanzen von Firmen kontrollieren. Der Schriftsteller William Somerset Maugham spottete einst, Monaco sei ein "sunny place for shady people". Das stimmt so wohl heute nicht mehr.

Kleinere Krisen lösten bisweilen auch die Amouren Alberts und deren echte oder vermeintliche Folgen - nichteheliche Kinder - aus. Zudem gibt es immer wieder Kritik, seine 2011 eingegangene Verbindung mit Charlène Wittstock sei lediglich eine Vernunftehe. Manche Monegassen finden, Charlène trete zu distanziert und kühl in der Öffentlichkeit auf.

Im Bild: Albert und Charlène von Monaco bei einem Berlin-Besuch.

REUTERS NEWS PICTURES - IMAGES OF THE YEAR 2012

Quelle: REUTERS

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Europas Monarchien:Monaco

Die Kostenfrage:

Die Kosten für die Monarchie sind in Monaco kein Thema, da die Monegassen enorm von ihrem Fürstenhaus und dessen weltweiter Ausstrahlung profitieren.

Die Monarchie - ein zukunftsfähiges Modell?

Die Bürger wollen ihre Monarchie auch in Zukunft unbedingt beibehalten. Die allermeisten Monegassen sind insofern Royalisten. Auch Vertreter der Opposition im Fürstentum betonen, sie stünden treu zu Fürst Albert.

Stefan Ulrich, Paris

Im Bild: Charlotte Casiraghi, Tochter von Prinzessin Caroline und Stefano Casiraghi

Hereditary Prince Alois and Hereditary Princess Sophie of Liechtenstein arrive for a religious ceremony at Nieuwe Kerk church in Amsterdam

Quelle: REUTERS

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Europas Monarchien:Liechtenstein

Das Verhältnis zwischen Volk und Monarchie:

Zwischen Volk und Fürstenhaus passt in Liechtenstein kein Blatt Papier: Das Verhältnis ist eng - jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der Liechtensteiner. Der Fürst ist wesentlicher Teil der nationalen Identität. Als Republik, so hört man oft, würde man sich nicht von einem Schweizer Kanton oder vom österreichischen Bundesland Vorarlberg unterscheiden.

Streitpunkte und Krisen:

Die größte Krise entwickelte sich um die neue Verfassung von 2003, in der sich der Fürst das letzte Wort in allen Fragen gesichert hat. Er kann seitdem jedes von Parlament oder Volk verabschiedete Gesetz aushebeln. Die Verfassung wurde zwar mit 65 Prozent Mehrheit vom Volk angenommen, aber erst, nachdem Fürst Hans-Adam II. mit der Auswanderung nach Österreich gedroht hatte. Bei Reizthemen flackert die Problematik immer wieder auf. Zuletzt vor zwei Jahren bei einer Volksabstimmung über die Legalisierung der Abtreibung, als Erbprinz Alois quasi prophylaktisch sein Veto ankündigte. Ein Vorstoß, diese quasi feudalen Vorrechte des Fürsten wieder zu beschneiden, wurde von den Wählern im vergangenen Jahr deutlich abgelehnt.

Im Bild: Kronprinz Alois von Liechtenstein mit seiner Frau Sophie.

Vaduzer Bank muss Steuersünder entschädigen

Quelle: dpa

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Europas Monarchien:Liechtenstein

Die Kostenfrage:

Die Kosten der Monarchie spielen hier überhaupt keine Rolle. Die Liechtensteins sind eine der reichsten Familien der Welt - mit einer eigenen Bank, unermesslichen Kunstschätzen, Industriebeteiligungen und ausgedehnten Latifundien überall in Europa. Wenn überhaupt, würden sie ihr Land alimentieren und nicht umgekehrt.

Die Monarchie - ein zukunftsfähiges Modell?

Die Mehrheit der Liechtensteiner sieht auch in Zukunft keine Alternative zur Monarchie. Der Generationenwechsel wurde 2004 vollzogen, als Fürst Hans-Adam die Amtsgeschäfte seinem Erstgeborenen, Erbprinz Alois, übertrug. Er ist zwar nominell weiter Staatsoberhaupt, hat sich aber weitgehend aus der Tagespolitik zurückgezogen.

Wolfgang Koydl, Zürich

Silberhochzeit in Luxemburg - Dinner Soiree

Quelle: picture-alliance/ dpa

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Europas Monarchien:Luxemburg

Das Verhältnis zwischen Volk und Monarchie

Gerade junge Luxemburger interessieren sich nur noch wenig für die großherzogliche Familie aus dem Hause Nassau. Ganz anders sieht es bei der älteren Generation aus, sie hat mit Großherzogin Charlotte eine Monarchin erlebt, die bis heute als Symbol von Freiheit und Unabhängigkeit gilt. Im Frühjahr 1940 floh sie vor den Nationalsozialisten nach London, aus dem Exil sprach sie der luxemburgischen Bevölkerung über die Radiowellen der BBC immer wieder Mut zu und rief sie zum Widerstand auf. Keiner ihrer Nachfolger, weder ihr Sohn Jean noch ihr Enkel Henri ist auch nur annähernd so beliebt wie sie es war, als sie im April 1945 zurückkehrte.

Streitpunkte und Krisen:

Der aktuelle Großherzog Henri löste am 2. Dezember 2008 eine kleine Staatskrise aus, als er sich weigerte, ein Gesetz zur Sterbehilfe zu unterschreiben - aus Gewissensgründen, wie er betonte. Weil ein Gesetz ohne seinen Segen aber nicht in Kraft treten konnte, einigte sich das Parlament über alle Fraktionen hinweg auf eine pragmatische Verfassungsänderung, die den Großherzog faktisch entmachtete. Seitdem muss er die Gesetze nicht mehr bestätigen.

Für Unmut sorgte Henri auch, als er den Schmuck seiner verstorbenen Mutter verhökern wollte, eine Idee, die er nach dem Protest seiner Untertanen schnell wieder verwarf. Einen kleinen Skandal löste 2005 auch einer seiner Söhne, Prinz Louis, aus. Mit gerade mal 19 Jahren schwängerte er eine Soldatin. Er heiratete sie sechs Monate nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes und verzichtete auf seinen Platz in der Thronfolge. So ist das eben am luxemburgischen Hof: Man gibt sich pragmatisch.

Im Bild: Großherzogin Maria Teresa und Großherzog Henri von Luxemburg posieren anlässlich ihrer Silberhochzeit 2006 im Kreise der Familie.

Wedding of Hereditary Grand Duke of Luxembourg

Quelle: dpa

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Die Kostenfrage:

Wird nur gelegentlich und fast ausschließlich von linken Medien diskutiert. In einem reichen Land wie Luxemburg stellt sie sich offenbar nicht so oft. Wohl auch, weil sich die großherzogliche Familie nur sehr selten mit viel Pomp inszeniert.

Die Monarchie - ein zukunftsfähiges Modell?

Die Hochzeit von Erbgroßherzog Guillaume mit der Belgierin Stéphanie de Lannoy im Oktober 2012 war das gesellschaftliche Ereignis des Jahres im Großherzogtum. Dass der Prinz und seine Angetraute nicht auf Schloss Berg im Örtchen Colmar-Berg leben wollen, sondern unter ihren Untertanen, hat sie sehr beliebt gemacht. Grundsätzlich gilt: Wollte jemand die Erbmonarchie ernsthaft abschaffen, würde es einen kleinen Aufstand unter der luxemburgischen Bevölkerung geben. Denn so sehr die Jungen die Monarchie als Folklore begreifen, so sehr ist der Großherzog doch eine Identifikationsfigur für das kleine Land.

Thierry Backes

Das offizielle Hochzeitsfoto von Prinz Guillaume und Prinzessin Stéphanie.

© Süddeutsche.de/mkoh/feko/leja/jst
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