Süddeutsche Zeitung

Erwin Wurm in Karlsruhe:Ist das Kunst? Egal, das steht im Halteverbot

Karlsruher Politessen haben einem Kunstwerk ein Knöllchen verpasst. "Aber der Wagen ist völlig deformiert" - da könnte ja jeder kommen.

Ja, die Vorderräder stehen tatsächlich im Halteverbot. Das macht dann 30 Euro. Der Strafzettel hängt gut sichtbar hinter dem Scheibenwischer des Mercedes-Transporters Typ MB 100 D, amtliches Kennzeichen KA-WJ 600, Farbe: signalrot.

Das Problem sind die Hinterräder. Sie stehen - das mag den Politessen oder Politeuren entgangen sein - nicht im Halteverbot. Sondern an der Wand des Karlsruher Weinbrennerhauses. Der Transporter ist verbogen, deformiert, ein Kunstwerk des Österreichers Erwin Wurm. Aufgestellt vom Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) anlässlich der Feier zum 300. Geburtstag der Stadt Karlsruhe.

Wurm verzerrt gerne Gegenstände wie Autos, um den "Alltag aus einer anderen Perspektive" zu zeigen, wie er sagt. Die Perspektive einer Politesse oder eines Politeurs jedoch kann unflexibel sein, geradezu starr. Argumente ziehen da nicht, Falschparker wissen das. "Aber der Wagen ist völlig deformiert" - da könnte ja jeder kommen.

Das ZKM hat auf Facebook scherzhaft bei Erwin Wurm angefragt, ob der nicht vielleicht den Strafzettel übernehmen könnte. Aber Oberbürgermeister Frank Mentrup kam dem Künstler zuvor. Nach Angaben einer ZKM-Sprecherin sagte er bei der Eröffnung der Kunstausstellung, er werde fristgerecht Einspruch gegen die Verwarnung einlegen. Vielleicht schickt er die Ordnungskräfte der Stadt bei der Gelegenheit gleich mal in eine Ausstellung moderner Kunst.

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SZ.de/mikö/harl
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