Erste Anhörung nach Amoklauf in Kino:James Holmes schweigt vor dem Richter

Er sitzt vollkommen teilnahmslos da, hat Mühe, die Augen offen zu halten: James Holmes, der mutmaßliche Amokläufer von Aurora, ist erstmals vor Gericht erschienen. Der 24-Jährige, dem die Todesstrafe droht, äußerte sich bei der ersten Anhörung nicht selbst zu den Tatvorwürfen. Dafür meldete sich seine Familie zu Wort.

Stimmen die Verdächtigungen der Polizei, dann wollte James Holmes der ultimative Bösewicht sein. Bis auf die Zähne bewaffnet und martialisch gekleidet soll er in Saal 9 des Kinos von Aurora kaltblütig Menschen erschossen haben, während auf der Leinwand der dritte Teil der Batman Trilogie "The Dark Knight Rises" lief.

Sein erster Auftritt in der Öffentlichkeit, in einem Gerichtssaal im Arapahoe County District Court in Centennial, Colorado, zeigte ein anderes Bild: Dort saß ein blasser junger Mann, sichtlich benommen oder übermüdet mit zufallenden Augen, völlig teilnahmslos. Seinen Kopf mit dem rot-orange-gefärbten Haarschopf konnte er kaum aufrecht halten. Fast hätte er Mitleid erwecken können. Doch damit kann er nicht rechnen. Denn die Amerikaner trauern um die Opfer.

Mit Holmes' Erscheinen vor Gericht rückt die Frage nach dem Warum wieder in den Vordergrund. Denn den Grund dafür, dass zwölf Amerikaner, darunter auch die erst sechs Jahre alte Veronica, in der Nacht zum vergangenen Freitag sterben mussten, kennt bisher niemand außer dem 24-Jährigen.

"He has lawyered up"

Am Montag nun schwieg der Mann mit dem Bachelor in Neurowissenschaften bei seiner ersten Anhörung. "He has lawyered up", nennt das Auroras Polizeichef, Dan Oates. Holmes habe sich hinter seinen beiden Pflichtverteidigern verschanzt. Die Anwälte mussten ihn stützen, so schwach und benommen wirkte der Beschuldigte auf den Live-Bildern aus dem Gerichtssaal.

Während Holmes die Überlebenden und Angehörigen weiter im Unklaren lässt über die Beweggründe für seine Bluttat, hat sich die Familie des mutmaßlichen Todesschützen zu Wort gemeldet. "Die Familie möchte bekräftigen, dass sie mit dem Herzen bei den Opfern und deren Familien ist", sagte die Anwältin Lisa Damiani im TV-Sender CNN. Damiani sprach im kalifornischen San Diego, dem Wohnort der Eltern. Sie wollte aber nicht sagen, wo sich die Familie derzeit aufhält. "Ich fürchte um ihre Sicherheit."

Zum derzeitigen Verhältnis zu ihrem Sohn wollten sich die Eltern der Sprecherin zufolge nicht äußern. Holmes' Angehörige appellierten aber, der Fall solle vor Gericht und nicht in den Medien entschieden werden. (Linktipp: New-York-Times-Journalist und Buchautor Dave Cullen warnt vor verfrühten Hypothesen über den mutmaßlichen Täter und seine Motive.)

Bis zum Prozess könnte ein Jahr vergehen, sagte Staatsanwältin Carol Chambers, die auch eine Forderung der Todesstrafe für Holmes nicht ausschließt. Erst dann wird die Welt wohl erfahren, was den schüchternen Ex-Doktoranden zu der mutmaßlichen Tat bewogen haben könnte. Unvermittelt habe er seine Promotion abgebrochen, heißt es. Er habe sich immer mehr in seiner Studentenbude isoliert.

"Kehlig, sonderbar, unheimlich"

Die Staatsanwaltschaft hat nun eine Woche Zeit, die "riesige Menge" an Beweisen zu prüfen, wie Chambers es ausdrückte. Dann muss die Behörde offiziell die Anklage einreichen.

Batman shooting spree suspect appears in court

Er steht unter Verdacht, zwölf Menschen erschossen und 58 zum Teil schwer verletzt zu haben. Bei der ersten Anhörung vor Gericht blieb Jamese Holmes schweigsam.

(Foto: dpa)

Schon jetzt kursieren viele Informationen in den Medien. Wenn sie stimmen, könnte Holmes das Massaker von langer Hand geplant haben. In diesem Fall könnte ihm die Todesstrafe drohen. Doch wenn die Bilder vom Montag den tatsächlichen körperlichen und geistigen Zustand des Mannes widerspiegelten, dann könne die Verteidigung psychische Probleme des 24-Jährigen geltend machen, sagte ein Psychiater dem TV-Sender CNN.

Dazu passen Berichte von einem Schießstand, bei dem sich Holmes jüngst um eine Mitgliedschaft beworben haben soll. Der Besitzer Glenn Rotkovich erzählte CNN, zwei Nachrichten von Holmes auf dem Anrufbeantworter gehabt zu haben. Seine Stimme sei "kehlig, sonderbar, unheimlich" gewesen. "Es hat mich so gestört, dass ich meinen Angestellten sagte, dieser Typ bekommt nichts, bis ich ihn persönlich treffe."

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