Eine unscheinbare Straße in Potsdam. Wohnhäuser, eine Wiese, an einer Mauer befindet sich einer dieser gelben Automaten, an denen man Post verschicken oder abholen kann. An dieser Packstation der Deutschen Post soll am Donnerstag jene Sendung aufgegeben worden sein, die am Wochenende Potsdams Innenstadt lahmlegte. Ein Paket mit Nägeln und einem Sprengmittel darin, es hätte Menschen schwer verletzen und sogar töten können. Eine Briefbombe, gebaut, um vom Paketzusteller DHL eine Millionensumme zu erpressen.
Die Ermittler haben inzwischen zahlreiche Hinweise, eine heiße Spur auf den Täter ist allerdings noch nicht darunter. Fest steht: Es soll sich um einen oder mehrere Absender aus Berlin oder Brandenburg handeln, darauf lassen Formulierungen aus einem elektronisch erzeugten Schreiben schließen, das in dem Paket in Potsdam gefunden wurde. Es ist bereits die zweite Briefbombe, Anfang November kursierte in Frankfurt (Oder) ein ähnliches Päckchen. Es war in Berlin aufgegeben worden und brannte beim Öffnen aus.
Mehr geben die Ermittler nicht preis. Frank Roselieb, geschäftsführender Direktor des Instituts für Krisenforschung in Kiel, das sich mit Erpressungen von Unternehmen beschäftigt, glaubt allerdings nicht, dass ausgebuffte Profis hinter den Taten stecken. Die würden einer Bombe nämlich kein Schreiben beilegen, das sich zurückverfolgen lässt. Dazu kommt, dass eine Bombe selbst nach einer Explosion Spuren hinterlasse, von der Herkunft des Sprengstoffs bis zu den Kunst- oder Klebestoffen. Roselieb glaubt, dass die Polizei den oder die Täter bald fassen werde.
Die Öffentlichkeit erfährt meistens nichts
Bis dahin warnen die Ermittler allerdings, dass weitere Pakete unterwegs sein könnten. Verdächtige Sendungen mit metallischen Gegenständen oder Drähten darin sollten auf keinen Fall geöffnet werden. Ein Sprecher der DHL sagt, man empfehle den Kunden, "vorerst nur Sendungen von bekannten Absendern anzunehmen oder Sendungen, die man selbst bestellt hat". So hat eine verdächtige Lieferung am Montag in der Thüringer Staatskanzlei in Erfurt Alarm ausgelöst. In dem Paket befanden sich aber nur Kataloge.
Für Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sind die Taten "besonders verwerflich". Weil sie mitten in eine Zeit fallen, in der sehr viele Lieferungen unterwegs sind, allein bei DHL werden in der Vorweihnachtszeit bis zu sieben Millionen Päckchen oder Pakete transportiert - am Tag. Und weil ein Großteil der Bevölkerung zu den potenziellen Opfern einer weiteren Tat gehört. Alle nämlich, die gerade Geschenke bestellen oder bekommen.
Dass große Firmen erpresst werden, ist in Deutschland gar nicht so selten. Das Bundeskriminalamt weist diese in der Kriminalstatistik zwar nicht gesondert aus, das Institut für Krisenforschung in Kiel hat aber errechnet, dass jedes Jahr zwischen 7500 und 8000 Drohungen bei Firmen eingehen, das sind durchschnittlich 150 pro Woche. Die Öffentlichkeit erfährt von den allermeisten Fällen nichts. Die Polizei fürchtet Trittbrettfahrer, das erpresste Unternehmen will keine negativen Schlagzeilen.